2018-07-08

Das Lamm lehrt dich Selbstverleugnung und befreit von Selbstvertrauen

„Er machte sich selbst zu nichts“, lesen wir von ihm in Philipper 2,7. Die tiefste Bedeutung des Kreuzes ist die Erlösung vom eigenen Leben, wie Paulus sagt: „Er ist darum für alle gestorben, auf dass die, so da leben, hinfort nicht sich selbst leben“ (2. Kor 5,15). Wir haben erst dann das Kreuz verstanden und die Kraft des Kreuzes erfahren, wenn wir mit Paulus sagen können: „Denn keiner von uns lebt sich selbst!“

Der Fall der ersten Eltern bestand darin, dass sie sich selbst zum Mittelpunkt machten. Und wo dies heute eine Seele tut, muss sie es erfahren, dass Fall und Tod, Trennung und Feindschaft gegen Gott die Folge ist. In allem, was selbstsüchtig ist, wirkt die Macht Satans, brennt das verborgene Feuer der Hölle.

Solange wir das eigene Leben nähren, halten wir uns unter dem Fluche; denn Gott hat unser eigenes Leben verflucht in dem Kreuze. Für sich sein heißt gegen Gott sein. Das eigene Ich ist gleichbedeutend mit „Fleisch“, und fleischlich gesinnt sein ist eine Feindschaft gegen Gott (Röm 8,7). „Fleisch“ ist der tiefeingewurzelte Egoismus; der egoistische Mensch will alles für sich haben, sich überall und in allem zum Mittelpunkt machen; und wo ihm dies nicht gelingt, zieht er sich tiefgekränkt zurück. Das eigene „Ich“ oder das „Selbst“ wird uns in der Heiligen Schrift in sechs Hauptgestalten gezeigt, nämlich im Selbstvertrauen, in der Selbsthilfe, im Selbstgefallen, in der Selbstsucht, im Selbstwillen, in der Selbstherrlichkeit. Sonst wird es auch „das tausendköpfige Ungeheuer“, „die Mutter aller Sünde und alles Elends“, „der finstere Despot“ genannt. Wir betrachten die obengenannten sechs Gestalten.

„Selbstvertrauen“

Es ist nicht genug, dass wir uns Gott anvertrauen; er muss sich auch uns anvertrauen können. Wir lesen in Johannes 2,24: „Aber Jesus vertraute sich ihnen nicht, denn er kannte sie alle.“ Leuten, die nur schauen und empfangen wollen, kann sich Jesus nicht anvertrauen. Sich wundern ist noch kein Glaube. Jakob wunderte sich, als er die Himmelsleiter sah, über die Heiligkeit und Güte Gottes, glaubte ihr aber nicht. Welchen Leuten kann sich Jesus anvertrauen? Solchen, die sich selber nicht mehr trauen! Solchen, die ihm folgen bis ans Kreuz, die unter dem Kreuz stehen, die nicht mehr Gaben und Segnungen suchen, sondern ihn.

Johannes ist der einzige Jünger, der Jesus gefolgt war bis zum Kreuz, und ihm vertraute der sterbende Meister seine Mutter an, sein Bestes, was er auf Erden hatte. Wir wissen gar nicht, wie tief das Selbstvertrauen in unserem Herzen sitzt, bis uns das, worauf wir uns bewußt oder unbewußt stützen, genommen wird. Weißt du, warum Gott die Israeliten in die Wüste führte? Damit sie lernten, nach oben zu schauen und von oben alles zu erwarten. Im Lande Gosen kam alles aus dem Boden, was sie brauchten; aber nun standen sie in der Wüste, hatten unter ihren Füßen nichts als dürren, heißen Sand, und so mussten sie sich sagen: Wenn uns geholfen werden soll, so muss uns von oben geholfen werden! Und siehe, von oben kam Brot, von oben kam das Fleisch (die Wachteln), von oben kam sogar das Wasser: „Mose schlug an den Felsen, da floß Wasser herab!“ So zieht uns Gott alles unter den Füßen weg, bis uns nichts mehr bleibt als er allein. Gott hat immer das höchste Ziel im Auge: die Erlösung vom eigenen Leben.

Alles zielt darauf ab, dass wir lernen, ihm vertrauen. Und dazu gehören oft auch Niederlagen. Du kämpfst mit aller Macht gegen die Sünde oder in Verhältnissen, und du betest ernstlich und aufrichtig zu Gott: ,Ach, Gott, hilf mir und steh mir bei!“ Aber Gott tut, als ob er es nicht hören wollte. Du schreist noch ernstlicher um Hilfe; aber Gott stellt sich, als ob er kein Herz hätte für dich. Ist er wirklich unbarmherzig? Nein! Gerade weil er barmherzig ist, kann er dir nicht helfen.

Denn sonst würdest du nicht erlöst von deinem Selbstvertrauen; du lerntest nicht kämpfen den guten Kampf des Glaubens, der den errungenen Sieg des Herrn nimmt; du lerntest nicht sprechen: „Jesus allein!“ sondern würdest bei deinem alten Thema bleiben: „Jesus und ich!“ Petrus, der Mann des Selbstvertrauens, konnte schließlich nicht anders erlöst werden als durch einen Fall. Und so brachte ihn der Herr dahin, dass er sich gürten und führen ließ und seine Hände ausstreckte nach den starken, treuen, zarten Hirtenhänden seines Meisters. Gewöhnlich erzählt man von Jakob, dass er mit Gott gerungen habe; wenn wir aber 1. Mose 32 lesen, so finden wir, dass geschrieben steht: „Da rang ein Mann mit ihm.“ Und als Jakob verrenkt am Boden lag, da rief er aus: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ Vorher hatte er immer sich selbst gesegnet. Nachdem Paulus blind und hilflos am Boden gelegen war, konnte er rühmen: „Ich vermag alles!“ Als er nichts mehr vermochte, vermochte er alles.

G.St.


Artikelreihe: Der Weg dem Lamme nach

Der Weg des Friedens und der Ruhe Das Lamm lehrt dich demütig sein


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