Golgatha (23) – Die Bekannten und die Frauen, die von fern zusahen
„Es sahen aber dort viele Frauen von weitem zu, die Jesus von Galiläa nachgefolgt waren und ihm gedient hatten; unter ihnen waren Maria Magdalena und Maria, des Jakobus' und Josefs Mutter, und die Mutter der Söhne des Zebedäus.“ (Mt 27,55-56)
Eine weitere Gruppe von Menschen beobachtet, was auf Golgatha geschieht. Weit entfernt stehen sie. Nicht direkt unter dem Kreuz, denn dort stehen nur Feinde des Herrn. Lukas nennt sie „alle seine Bekannten“ (Lk.23,49). Matthäus und Markus schreiben von vielen Frauen (Mt.27,55/Mk.15,40). Sie waren Ihm in Galiläa nachgefolgt. Jetzt sind sie mit nach Jerusalem, nach Golgatha gekommen. Sie lieben den Herrn und hatten Ihm gedient, waren mit Ihm durch das Land gezogen, hatten Ihn unterstützt. Lukas erwähnt einige dieser Frauen in seinem achten Kapitel. Er schreibt, dass sie ihren Besitz für Ihn eingesetzt haben. Jetzt stehen sie hier und sehen alles, was geschieht, aus der Ferne mit an. Was für ein dunkler Tag in ihrem Leben! Wie schmerzhaft, mitanzusehen wie eine geliebte Person so grausam hingerichtet wird und stirbt…
Drei Frauen werden besonders erwähnt. Maria Magdalene ist eine von ihnen. Sie hatte den Heiland kennengelernt, als Er sieben Dämonen von ihr ausgetrieben hatte (Lk.8). Von diesem Tag an gab es in ihrem Leben nur noch eine Person. Jesus Christus, ihren Retter! Wirklich hingegeben, folgte und diente sie Ihm. Noch eine Frau mit Namen Maria steht dort. Sie ist die Mutter von Jakobus dem Kleinen und Joses. Vielleicht war ihr Sohn der andere, unbekanntere Jünger Jakobus, dessen Vater Alphäus hieß (Mt.10,2-3). Eine dritte Frau steht dort. Sie heißt Salome (Mk.15,40). Matthäus erwähnt ebenfalls eine dritten Frau. Er nennt sie nur die „Mutter der Söhne des Zebedäus“. Sicherlich sprechen beide Evangelisten von der gleichen Frau. Die Jünger Jakobus und Johannes sind dann ihre Kinder. Als der Herr einmal Seinen Jüngern sagte, dass sie in Seinem Reich auf 12 Thronen sitzen würden, war sie es, die Ihn etwas später darum bat, dass ihre beiden Söhne einen Platz direkt neben Ihm bekämen (Mt.20,20). Nahe bei dem König. Da sollten ihre Kinder sein. Auf wichtigen Positionen.
Es waren „viele andere Frauen“ da. Diese drei werden mit Namen erwähnt. Ihre Beziehung zum Herrn muss besonders gewesen sein. Sie liebten Ihn. Er war nicht nur der Messias für sie. Er war Ihr Retter. Besonders Maria Magdalene hatte das erfahren. Nachdem sieben Dämonen von ihr ausgefahren waren, wird ihr Name nur noch in Zusammenhang mit ihrem Herrn erwähnt. Der Heiland war ihr Lebensinhalt. Ihr ein und alles. Keine andere Frau in den Evangelien zeigt so deutlich, was wirkliche Hingabe ist. Mit was für einem Schmerz hatte sie beobachtet, wie ihr Heiland grausam hingerichtet wurde. Wie bitter war der Augenblick für sie, als Er einen lauten Schrei von sich gab und starb. Den Kopf auf der Brust, hängt Er leblos am Kreuz. Ihr Lebensinhalt ist gestorben. Sie verliert den Boden unter den Füßen. Den anderen geht es ebenso. Trauer und Schmerz prägen diese Situation. Vielleicht auch Enttäuschung und Verwirrung. Er war doch der Messias! Kein Königreich? Keine Befreiung von den Römern? Keine glorreiche Herrschaft? Dunkle Stunden… Wie sollte es weiter gehen?
Die Frauen werden noch bleiben. Sie werden beobachten, wo der Leichnam ihres Heilands bestattet wird. Spezereien würden sie kaufen, um Ihm die letzte Ehre zu erweisen. Viele Tränen würden fließen, bis sie verstehen würden… - bis sie eine Begegnung mit dem Auferstandenem haben würden.
Ich habe mich gefragt, wie es für diese Frauen wohl gewesen ist, als sie das erste Mal Brot und Wein genommen haben. „Dies ist mein Leib.“ „Dies ist mein Blut.“ Wie lebendig müssen die Leiden und der Tod des Herrn vor ihnen gestanden haben. Mit welchen Empfindungen müssen sie ihre Köpfe zur Anbetung gesenkt haben. Ihren Heiland vor Augen und tiefe Dankbarkeit im Herzen.
Ich war nicht auf Golgatha. Ich habe diese Szenen dort nicht gesehen. Und doch malt die Bibel mir Golgatha in unvergleichlicher Weise vor die Augen. Wie viele unterschiedlich Facetten der Leiden des Herrn darf ich kennen, darf darüber nachdenken. Allein und jeden Sonntag gemeinsam mit anderen Christen. Ist mein Herz ebenso bewegt? Und was ist meine Antwort auf diese unvergleichliche Hingabe am Kreuz?
Nie sei, Lamm Gottes, Dein Opfer vergessen,
dass Du Dich legtest auf Gottes Altar,
wenn wir die Tiefen auch niemals ermessen,
was Dir das Kreuz, was Dir Golgatha war!
Text: Paul Waltersbacher
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