2020-12-11

Wunderbare Bewahrung

Eine Begebenheit, die ein Missionar vor vielen Jahren in Süd-Amerika gemacht hat:

Die Reise von La Paz nach Potosi war in jenen Tagen sehr schwierig, um es gelinde auszudrücken. Es gab keine guten Straßen, so wie sie heute existieren. Die Aussicht auf diese Fahrstrecke machte sie nicht gerade glücklich. Zudem waren sie beide sehr müde. Aber der Herr wusste, was auf sie zukommen würde, obwohl sie selbst keine Ahnung hatten, was vor ihnen lag. Der Herr hatte sich bis dahin so wunderbar für sie verwendet und sie wussten, Er würde bis zu ihrem Ziel für sie sorgen!

Als sie in La Paz aus dem Hotel kamen und den Lastwagen holen wollten, traf der Missionar einen Bekannten aus Potosi, der überrascht war, sie hier zu sehen. Er erkundigte sich daher: „Was macht ihr Missionare denn hier? Wohin fahren sie?" Der Missionar antwortete: „Wir sind auf dem Weg nach Potosi."

Dieser Bekannte war ein einflussreicher Mann in Potosi. Er erwiderte: „Auch ich muss nach Potosi. Mein Wagen ist aber zu schwach für diese Fahrt. Ich habe gerade nach einem Freund Ausschau gehalten, der mich mit einem stärkeren Fahrzeug mitnehmen könnte. Darf ich vielleicht mit ihnen fahren? Sie sehen beide so müde aus. Ich würde Sie gern dorthin fahren und ich verspreche Ihnen, sie kommen wohlbehalten hin." Die müden Reisenden waren dankbar und erklärten sich einverstanden. Es bedeutete eine große Erleichterung, beim Fahren auf  so gefährlichen Straßen Hilfe zu haben.

Nach zwei Tagereisen trafen sie um Mitternacht in Potosi ein. Wie deprimierend für sie, die Stadt im Kriegszustand anzutreffen! Eine große Kette sperrte die Hauptstraße ab und eine rauhe Stimme brüllte: „Halt! Was tun sie hier?“

Der Missionar Wies sich aus und erklärte, er sei auf der Heimfahrt. Sogleich erkannte der Mann seine Stimme und sagte: „Adelante" (Fahrt frei), ließ die Kette vor ihnen herunter, damit sie weiterfahren konnten. Er riet ihnen, gut achtzugeben, weil in der Stadt eine „Revolution" im Gang sei.

Vorsichtig und mit betenden Herzen ging es dann weiter, bis sie gegen Vier Uhr morgens eine Tankstelle fanden. Zuvor hatte der Missionar mit dem freundlichen Bekannten den Platz gewechselt, der fast den ganzen Weg von La Paz an gefahren war. An der Tankstelle verließ sie der Freund, den sie später nie wiedersahen. Der Herr hatte ihn in ihrer Not als sein Werkzeug benutzt und sie auf diese Weise wohlbehalten an ihren Bestimmungsort gebracht.

Nachdem sie das benötigte Benzin getankt hatten, fragte der Missionar den Tankstellenbesitzer, ob er den Lastwagen bei ihm lassen könne, während sie im Hotel logierten. Widerstrebend sagte ihm der Eigentümer, sie könnten ihn zwar dort stehenlassen, aber er könne keinerlei Verantwortung dafür übernehmen, weil der Bürgerkrieg im Gang war. Auch warnte er sie, das Militär würde jedes verfügbare Fahrzeug für den Militärdienst beschlagnahmen; jedoch versprach er, zu tun, was er konnte, es für sie zu bewachen, solange sie im Hotel seien.

Sie ließen also den Lastwagen bei ihm stehen und gingen müde zum nächsten Hotel. Sie hatten so verzweifelt Schlaf nötig. Trotz des Geratters der Maschinengewehre in den Außenbezirken konnten sie eine Weile schlafen. Welch ein Segen ist doch der Schlaf.

Etwa um halb zehn am nächsten Morgen ging der Missionar hinaus, um den Lastwagen zu holen. Und wen traf er da, als er aus dem Hotel trat? Niemand anderes als den Richter von Potosi, den er aus der Zeit kannte, als er an der Universität von Potosi Englisch lehrte. Der Richter, sehr überrascht, ihn zu sehen, umarmte ihn nach spanischer Art. Dann fragte er: „Wie sind sie denn hierhergekommen?"

„Mit dem Lastwagen von Lima", antwortete der Missionar. „lch bin gerade dabei, ihn von der Tankstelle zu holen, wo er steht. Wir Sind auf dem Heimweg von den USA."

„Wo ist denn Ihre Frau?" fragte der Richter besorgt. 

„Sie wartet auf mich in diesem Hotel", erwiderte der Missionar, indem er auf ein gewisses Fenster gegenüber dem Regierungsgebäude deutete. „Dort logieren wir."

Der Richter sagte darauf nachdrücklich: „Verlassen sie das Hotel, so schnell sie können! Holen sie rasch Trudy und bringen sie sie in mein Haus. Meine Frau wird Ihnen ein Zimmer geben und auf Trudy aufpassen. Machen sie schnell! Und dann holen sie rasch Ihren Lastwagen, bevor das Militär ihn beschlagnahmt. Es wird erwartet, dass sie dieses Viertel sehr bald bombardieren."

Der Missionar verlor natürlich keine Zeit und holte sogleich seine Frau und ihr Gepäck aus dem Hotel und brachte sie in das Haus des Richters. Als er zurück- kehrte, um seinen Lastwagen zu holen, war er schockiert: Binnen dieser kurzen Zeit war die ganze Seite des Hotels, wo sie untergebracht gewesen waren, völlig ausgebombt worden — nichts war mehr davon übrig! Was für eine rechtzeitige Rettung war das! Wie vollkommen hatte der Herr die Geschehnisse zeitlich festgelegt.

Er setzte rasch seinen Weg zur Tankstelle fort, indem er sich die Verheißung des Herrn im Psalm 91,7 vergegenwärtigte: „Tausend werden fallen an deiner Seite und zehntau- send an deiner Rechten — dich wird es nicht erreichen." Sein Herz war voller Lobpreis zum Herrn für Seine Güte ihm und seiner Frau gegenüber.


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