2009-08-08

Streiflicht der Kirchengeschichte - die Waldenser

Die Waldenser

Von den Waldensern haben die meisten Leser wahrscheinlich schon mal etwas gehört. Ihr Name geht zurück auf einen gewissen (Petrus) Waldus, der im 12. Jahrhundert lebte. Waldus war ein reicher Kaufmann aus Lyon, der nach seiner Bekehrung sich an Gottes Wort halten wollte. Er verkaufte seinen Besitz, da er Matthäus 19,21+23 ganz persönlich auf sich bezog.

Große liebe für Gottes Wort

Waldus war an der Übersetzung der Bibel bzw. Teile davon in mehreren Sprachen beteiligt. Waldus und seine Leute liebten die Bibel sehr und lernten große Teile des Wortes Gottes auswendig. Als Wanderprediger machten sie andere mit ihren Gedanken vertraut.

Der Name "Waldenser" wurden ihnen von anderen beigelegt, sie selbst sprachen sich als „Brüder" an. Oft wurden sie auch als die "Armen von Lyon" bezeichnet. Besonders in der Provence und im Languedoc breitete sich die Bewegung aus (und später noch viel weiter).

Verfolgung durch die katholische Kirche

Rasch wurde die römisch-katholische Kirche auf die Waldenser aufmerksam. Im Jahr 1184 traf sie der Bann des Papstes: Sie wurden als Schismatiker verurteilt, weil sie als Laien predigten. Später wurden sie als Häretiker und Ketzer gebrandmarkt.

Die Bewegung griff jedoch weiter um sich, so dass die katholische Kirche ihrer nicht mehr Herr werden konnte. Es wurde (auch deshalb) die Inquisition geschaffen - eine Gerichtsbarkeit, die direkt dem Papst unterstand, und die für ein schnelles Aufspüren und Beseitigen der Ketzer sorgen sollte. Außerdem wurde der „weltliche Arm" zu Hilfe gerufen, um die Ketzer zu beseitigen. In Kreuzzügen wurden auf diese Weise Tausende umgebracht.

Es wurde also massiv Front gegen die Waldenser und gegen die andere große Bewegung der vorreformatorischen Zeit, die Katharer (Albigenser), gemacht. Dabei ist allerdings zu vermerken, dass die Waldenser und Albigenser lehrmäßig kaum etwas Gemeinsames hatten. Bei den Waldensern war grundsätzlich die biblische Lehre das Fundament für ihre Überzeugungen, während die Albigenser in einer Tradition mit der Gnosis und dem Manichäismus standen. Sie glaubten an Seelenwanderung, Allversöhnung, die Materie war für sie etwas Böses und sie lehnten die Gottheit des Herrn Jesus ab usw. Interessanterweise ist die Bewegung der Katharer völlig verschwunden, während es Waldenser heute noch gibt.

Nun, die Waldenser hielten sich grundsätzlich an Gottes Wort. Sie lehnten darum das Fegefeuer ab, den Ablasshandeln und die Heiligenverehrung. Sie wandten sich gegen die katholische Lehre (obwohl sie sich nicht von der Kirche getrennt haben) und mussten dafür viel Verfolgung, Leid und Tod erdulden. Sie wurden über Jahrhunderte hinweg von solchen, die sich Christen nannten, unterdrückt und verfolgt (vom 12. bis zum 19. Jarhundert). Die Waldenser sind eine echte Märtyrerkirche.

Treu bis in den Tod

Wir schreiben das Jahr 1655: Die Waldenser hatten Kontakt und Verbindung zu den Reformatoren aufgenommen und in vielen Punkten Übereinstimmung erzielt. In Ruhe lebten die Waldenser in den friedlichen Alpentälern deshalb noch lange nicht. Am 24. April 1655 machten sich 16.000 Soldaten - angestachelt von religiösen Fanatikern - über die unschuldigen Waldenser her. Mit dem Ruf „Schlagt die Hunde tot" begann ein barbarisches Gemetzel. Säuglinge wurden vor den Augen der Mütter an Felsen zerschmettert, Männer von Berggipfeln herabgestürzt, Greise schonungslos hingemordert.

Der Waldenser Daniel Rambaut ließ sich lieber alle Finger abhauen, einen nach dem anderen, als dass er ein Ave-Maria betete. Und als der Bauer Johann Paillas von den Mönchen an das Schicksal seiner Frau und seiner 11 Kinder erinnert wurde, antwortete er kühn: „Ich erbitte keine andere Gnade, als dass sie meinen Fußstapfen folgen möchten." Männer und Frauen wetteiferten an Standfestigkeit und gingen Psalmen singend dem Tod entgegen. 4.000 Menschen wurden in diesen Tagen ermordet; 2.000 sollen durch Hunger, Kälte und Krankheit umgekommen sein.

Vorbilder

Wenn man die Geschichte der Waldenser liest, wird man an die Worte aus Hebräer 11,36-39 erinnert (in Hebräer 11 geht es zwar um treue Juden, aber dem Grundsatz nach lässt sich das gewiss anwenden): „Andere aber wurden durch Verhöhnung und Geißelung versucht und dazu durch Fesseln und Gefängnis. Sie wurden gesteinigt, zersägt, versucht, starben durch den Tod des Schwertes, gingen umher in Schafpelzen, in Ziegenfellen, hatten Drangsal, Mangel und Ungemach; sie, deren die Welt nicht wert war, irrten umher in Wüsten und Gebirgen und Höhlen und den Klüften der Erde."

Und der Schreiber fährt fort: „Deshalb nun, da wir eine so große Wolke von Zeugen um uns haben, lasst auch uns … mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf" (Hebräer 12,1).

G.S.


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