Das Herz gewinnen
„Wenn nun ich, der Herr und der Lehrer, euch die Füße gewaschen habe, so seid auch ihr schuldig, einander die Füße zu waschen.“ (Joh 13,14)
Die Rute mag gerecht sein; aber das Herz des Menschen lässt sich damit nicht gewinnen. Es ist auch nicht die Gerechtigkeit, die unter den Heiligen Gottes herrscht, sondern die Gnade herrscht durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben (Röm 5,21).
Viele Sünden, die hätten weggewaschen werden können (Joh 13), sind behalten worden! Wie viele Geschwister, die für Gott und für uns hätten zurückgewonnen werden können, sind uns für immer entfremdet worden, weil wir bloß auf ihr Gewissen eingehämmert und nicht ihr Herz gewonnen haben - weil wir uns um ihr Herz, möchte ich sagen, fast gar nicht bemüht haben.
Wir haben das Böse nicht überwunden, weil wir es nicht mit dem Guten überwunden haben. Wir haben bereitwillig den Stuhl des Richters eingenommen und haben unsererseits Gericht empfangen, aber das demütige Werk des „Lehrers“ (Joh 13,14) haben wir wenig getan.
Wie wenig verstehen wir immer noch, dass ein bloßes Handeln nach Gerechtigkeit - so völlig gerecht es auch sein mag - nicht die Wiederherstellung von Seelen bewirkt. Das Gericht, auch wenn es noch so gemäßigt und richtig ist, wird die Herzen, deren schlechter Zustand vor Gott ja gerade durch die Tatsachen des Falles zutage getreten ist, weder beeindrucken noch erweichen noch bereit machen, Unterweisung anzunehmen.
Der Mensch ist nicht nur Gewissen; und wenn das Gewissen ohne das Herz erreicht wird, wird es dasselbe tun, was es mit dem ersten Sünder unter den Menschen tat: ihn wegtreiben unter die Bäume des Gartens, um der unwillkommenen Stimme zu entfliehen.
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