2020-05-01

Der Ton eines leisen Säuselns des Gerichts

„Und nach dem Erdbeben ein Feuer; der HERR war nicht in dem Feuer. Und nach dem Feuer der Ton eines leisen Säuselns.“ (1. Könige 19,12)

„Denn die Zeit ist gekommen, dass das Gericht anfange bei dem Haus Gottes; wenn aber zuerst bei uns, was wird das Ende derer sein, die dem Evangelium Gottes nicht gehorchen!“ (1. Petrus 4,17)

„Und der HERR schlug den Pharao und sein Haus mit großen Plagen um Sarais Willen, der Frau Abrams.“ (1. Mose 12,17)

Mit berechtigter Sorge werden wir gerade Zeugen einer neuen, gefährlichen Bedrohung, die überall auf der Welt um sich greift. Während immer mehr Menschen sterben, unternehmen wir große Anstrengungen, um uns selbst und andere zu schützen. Es gibt jedoch eine Gefahr, die weitaus größer und tiefgreifender ist als COVID 19.

Tatsächlich erkennt jeder Christ die Stimme des Herrn in allem, das uns umgibt: in dem Stress und der Verwirrung, der die Welt und ihre Führer gegenüberstehen; in den Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschheit; in den Auswirkungen auf alle Sektoren der Weltwirtschaft, sei es die Landwirtschaft, das Gesundheitswesen, die Nahrungsmittelversorgung, die Produktion, die Lieferketten, Sport und Unterhaltung.

Ich höre Christen sagen - und zu Recht -, dass Sünde und Unmoral, die so gesellschaftsfähig geworden sind; dass Gott offen abgelehnt wird; dass der Atheismus sich in der akademischen Welt, den Universitäten und in vielen anderen Bildungsbereichen immer mehr ausbreitet; dass Materialismus, Habsucht, Selbstsucht, Hass und das Ausbreiten der Kulte von New Age und (esoterischer) Spiritualität - dass all das Gründe dafür sind, dass wir das im Moment durchleben müssen. Viele Christen sind im Gebet und verbreiten die Evangeliumsbotschaft, damit Seelen zum Herrn Jesus kommen, Buße tun und Ihn als ihren persönlichen Retter annehmen.

Auch wenn das alles sehr wahr ist, fürchte ich doch, dass wir den wichtigsten Punkt verpassen, und das ist der, dass Gott zu uns individuell, als Familien, als örtliche Gemeinden und als Gläubige weltweit spricht. Lasst uns darauf achten, was der HERR tut, um unsere Aufmerksamkeit zu bekommen, damit wir unsere Wege überdenken.

Das gemeinschaftliche und öffentliche wöchentliche Zusammenkommen zum Namen des Herrn, um Seinen Tod zu verkündigen, bis Er kommt, hat mittlerweile in fast jedem Land der Welt aufgehört; ebenso ist es mit den wöchentlichen Gebetsstunden und dem Bibelstudium in den örtlichen Versammlungen. Bibelkonferenzen wurden abgesagt, und viele Gelegenheiten zu geistlichen Aktivitäten und Gemeinschaft miteinander können nicht mehr stattfinden.

Viele haben schnell zu den verfügbaren Technologien gegriffen, für die wir dem Herrn dankbar sind, um sie für Wortverkündigungen, Bibelstudium und Gebetstreffen zu nutzen. Ohne Frage ist das sehr wertvoll, und vielen Gläubigen ist das in Zeiten so großer Sorgen und Angst zu Gute gekommen.

Aber die Frage, die einen nicht loslässt, ist doch: Was will der HERR uns sagen? Spüren wir den Schmerz und den Verlust in unseren eigenen Seelen darüber, dass wir uns nicht mehr in Person versammeln können, um an Ihn zu erinnern? Das können wir nicht online tun, und alle diese wundervollen Online-Möglichkeiten sollten uns nicht selbstzufrieden damit machen, dass wir einen Weg gefunden hätten, unsere geistlichen Bedürfnisse befriedigt zu bekommen.

Die Hinderungsgründe dafür, zum Gedächtnis des Herrn zusammenzukommen, sollten uns dazu bringen, in unserem privaten Umfeld still zu sitzen in Seiner Gegenwart und alles zu überprüfen. Es ist eine sehr einzigartige Situation, liebe Geschwister, die wir alle überdenken müssen. Denn obwohl wir Versammlungsorte haben, obwohl wir Transportmittel und freie Straßen haben, obwohl viele von uns gesund sind und dazu in der Lage wären, können wir uns doch nicht aufmachen, um uns gemeinsam um den Sohn Gottes versammeln. Macht es unsere Herzen schwer und traurig, dass wir nicht am Tag des Herrn zusammen sein können, um gemeinsam, als Versammlungen auf die Stimme der heiligen Liebe zu hören, wie wir es viele Jahre tun konnten?

Geben wir der gottlosen Welt um uns herum die Verantwortung für das, was im Moment geschieht und was der Herr tut; dass der Herr sie für ihre bösen Taten bestraft? Aber was, wenn vielleicht wir der Grund für das sind, was im Moment in der Welt um uns her geschieht und uns daran hindert, uns am Tag des Herrn zu versammeln? War es nicht auch wegen der Gedanken und Taten Abrams, dass „der HERR den Pharao und sein Haus mit großen Plagen schlug“?

Ist es unsere Untreue, unser Materialismus, und die Übernahme der Dinge und Wege und Denkweise dieser Welt in unserem Leben, in unseren Familien, und in unseren Versammlungen? Doch wir geh‘n zu den Stunden mit Ihm in der Mitte und tun so als wär‘ alles gut. [1]

Der Neid, das Streben nach Wichtigkeit, der Streit, die Verleumdung, die Hinterhältigkeit, die üble Nachrede, die Heuchelei, das Doppelleben und die Lauheit unserer Empfindungen für den Herrn und Seine Sache. Doch wir geh‘n zu den Stunden mit Ihm in der Mitte und tun so als wär‘ alles gut.

Unsere persönlich Hingabe zu Ihm, Sein Wort zu lesen und Zeit in Seiner Gegenwart zu verbringen sind nicht die Prioritäten in unserem Leben, weil wir zu beschäftigt damit sind, uns um unsere legitimen Verantwortlichkeiten und Angelegenheiten zu kümmern; wir haben unsere „erste Liebe verlassen“. Doch wir geh‘n zu den Stunden mit Ihm in der Mitte und tun so als wär‘ alles gut.

Aber die Augen des HERRN, die „zu rein“ sind, „um Böses zu sehen“ (Habakuk 1,13), sehen all das - und noch mehr, denn nichts ist vor Ihm verborgen. Was muss Sein Herz empfinden?

Sollten wir Verantwortung übernehmen, wie David es tat? Ihm wurde bewusst, dass sein Stolz und seine Taten es gewesen waren, die eine Plage über das Land brachten, so dass über 70.000 Menschen starben. (2. Samuel 24,15-17)

Können wir in alledem die Stimme des HERRN hören, die sich an uns richtet?

„Sät euch zur Gerechtigkeit, erntet der Güte entsprechend: Pflügt euch einen Neubruch, denn es ist Zeit, den HERRN zu suchen, bis Er kommt und euch Gerechtigkeit regnen lässt.“ (Hosea 10,12)

Manche könnten sagen, dass wir uns in neutestamentlicher Zeit befinden, dass es der Tag der Gnade ist und dass wir deswegen so etwas nicht auf uns anwenden können. Es ist wahr, Gott sei Dank, wir leben in der Gnadenzeit. Aber „was sollen wir nun sagen? Sollten wir in der Sünde verharren, damit die Gnade überströme?“ (Römer 6,1)

Ändert unser heiliger Vater Sein Wesen in der Gnadenzeit? Kommt Seine liebende Hand in der Züchtigung seiner Kinder nicht auch in der Gnadenzeit zur Geltung? Lehrt uns nicht Hebräer 12,6-11, dass es genau so ist? Solltest du nicht erneut auf die Stimme des Herrn hören, die die Versammlungen von Sardes und Laodizea warnt?

„Dieses sagt der, der die sieben Geister Gottes hat und die sieben Sterne: Ich kenne deine Werke, dass du den Namen hast, dass du lebst, und bist tot. Sei wachsam und stärke das Übrige, das sterben will; denn ich habe deine Werke nicht für vollkommen befunden vor meinem Gott.“ (Offenbarung 3,1-3)

Hat der Herr bis auf Weiteres, während wir - geistlich gesprochen - schliefen, unser Vorrecht, uns zu versammeln, weggenommen? (Hohelied 5,2-8)

Können wir uns demütigen, unsere Wege überdenken, unsere Sünden bekennen, Buße tun und zu unserer ersten Liebe zurückkehren?

Der Herr sei barmherzig zu uns um Seines Namen willen.

 


[1] Dieser „Refrain“ wurde etwas freier übersetzt, um das Metrum des Originals wiederzugeben. Er lautet genauer übersetzt: Und doch gehen wir in die Zusammenkünfte, um in Seiner Gegenwart zu sein und handeln so, als wäre alles gut. (Im Original: Yet we go to the meeting to be in His presence and act as though everything is good.)

E.N.


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