2020-12-04

Die Waldenser – eine göttliche Bewegung

Petrus Waldes war ein Kaufmann in Lyon, der die Glaubensgemeinschaft der sogenannten Waldenser gründete. Im 12. Jahrhundert sandte er aus Lyon Prediger aus: Nach ganz Frankreich, Flandern, Deutschland, Polen, Böhmen, Österreich und Ungarn.

Als Folge dieser Predigt des Evangeliums breiteten sich die Waldenser (ein Volk in den Tälern des Piemont, dessen Geschichte und Glaube sich auf apostolische Zeiten zurückführen lässt) in einem solchen Tempo aus, dass sie riesige Gebiete auf dem Kontinent abdeckten.

Immer zu zweien bereisten die Prediger Mittel- und Osteuropa und schließlich noch darüber hinaus, bis Hunderttausende sich von der inhaltsleeren und toten Kirche der damaligen Zeit weg und hin zu Christus selbst gewandt hatten. So weitverbreitet war die Bewegung der Waldenser, dass es hieß, dass die Missionare von Köln bis nach Florenz reisen konnten - eine Distanz von fast 1.000 Kilometern Luftlinie - und dabei jede Nacht im Haus eines Glaubensbruders übernachten konnten.

Ein Historiker hat diese Aussendung der „Armen Männer von Lyon" einst als „die erstaunlichste Missionsbewegung" bezeichnet, „die es je gegeben hat". Als im Jahr 1592 Heinrich der IV. von Frankreich einen Vertrag mit den Kirchen in den Tälern des Piemont abschloss, wurde festgestellt, dass dort auf einen Katholiken hundert Protestanten kamen. Das kann man nicht anders nennen als eine Erweckung. Doch wie viele Evangelikale haben je davon gehört?

Ein paar Beispiele, welche Standhaftigkeit und Hingabe diese Männer und Frauen Gottes gezeigt haben:

Ein junger, einfacher Mann mit Namen Stephan Brun wurde als Ketzer gefangen genommen. Um ihn dazu zu bringen, seinem Glauben abzuschwören, führte man seine Frau und seine fünf Kinder zu ihm und drohte damit, ihnen etwas anzutun. „Meine Familie sind die, die Gottes Willen tun“, meinte er daraufhin. „So, willst du also deine Frau zur Witwe und deine Kinder zu Waisen machen?“ Er antwortete: „Jesus Christus hat gesagt: ‚Ich werde euch nicht als Waisen lassen' ... Ein unsterblicher Erlöser ist besser als ein sterblicher Gatte.“ „Fürchtest du denn nicht die Todesqual, die dir bevorsteht?“ „Christus hat gesagt: ‚Fürchtet nicht die, die den Leib töten können, sondern den, der Leib und Seele zu verderben vermag in der Hölle.'“ „So bereite dich zum Tod!“ „Ich bereite mich zur Unsterblichkeit.“ Nachdem das Todesurteil verkündigt war, rief er: „Das ist meine Befreiung!“ Als der Scharfrichter sagte, dass der Augenblick des Todes gekommen sei, sagte er gefasst: „Du verkündest mir das Leben!“ Brun wurde auf dem Scheiterhaufen im Juni 1540 verbrannt. Es dauerte eine Stunde, bis seine Qualen in den Flammen beendet waren.

Baraille, ein eifriger Waldenser-Prediger, wurde einige Jahre später gefangen genommen und zum Tod verurteilt. Er sagte zu seinen Richtern: „Seid versichert, dass es eher an Holz für die Scheiterhaufen fehlen wird als an Dienern des Evangeliums, die für ihre Lehre zu sterben bereit sind; denn ihre Zahl wächst Tag für Tag und Gottes Wort besteht in Ewigkeit.“ Baraille wurde auf dem Schlossplatz in Turin am 29. März 1558 verbrannt. Sein Henker bat ihn, ihm seinen Tod zu verzeihen. „Nicht allein dir“, soll er kurz vor seinem Heimgang milde geantwortet haben, „sondern allen, die an diesem Tod Schuld sind, verzeihe ich.“

Im Jahr 1560 nahm man viele Waldenser gefangen, weil sie an verbotenen Versammlungen teilgenommen hatten. Weil sie nicht abschwören wollten, sollten sie hingerichtet werden. Unter den Gefangengen war ein Mann namens Mathurin, der als Erster in die Flammen kommen sollte. Er wünschte, seine Frau noch einmal zu sprechen. Und was tat diese treue Seele? Sie ermahnte ihren Mann eindringlich, standhaft zu bleiben. „Verfluchte Ketzerin“, riefen die Feinde des Evangeliums ihr zu, „wenn du nicht aufhörst, wirst du morgen lebendig verbrannt werden. Du bringst dich mit deinem Mann in den Tod.“ „Gott sei gelobt“, sprach sie, „der, der uns im Leben vereint hat, wird uns auch im Tod nicht trennen.“ Nichts vermochte die Standhaftigkeit der Frau zu brechen. Ihre einzige Bitte war, mit ihrem Mann sterben zu dürfen. Das gewährte man ihr: Am 2. März 1560 wurden beide Eheleute auf den Scheiterhaufen gebracht.

Sollte uns die Hingabe dieser Glaubensgeschwister nicht dazu anspornen, mehr Bereitschaft zu haben, um unseres Glaubens Willen zu leiden? Das gilt besonders auch für die gegenwärtige Zeit, in der wir zunehmend der christlichen Gemeinschaft und des Zusammenkommens beraubt werden.

J.P.S.


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