Ein Weckruf zum Dienst (2)
„Mein Sohn geh heute hin, arbeite im Weinberg.“ (Mt 21,28)
„Siehe, ich habe eine geöffnete Tür vor dir gegeben, die niemand zu schließen vermag.“ Das ist, was der Herr auch uns heute sagt - eine Tür, die Zugang zum Dienst gibt, eine Tür des Zeugnisses für Ihn. Werdet ihr eintreten? Sprecht nicht von eurer eigenen Unfähigkeit als Entschuldigung. Niemand zweifelt daran, der Herr am allerwenigsten. Fünf Brote und zwei Fische in euren Händen würden nicht weit reichen, aber in Seinen Händen sind sie ausreichend, um 5 000 Männer zu ernähren. Legt das Wenige, das ihr habt, in Seine Hände, und Er kann entweder viel daraus machen oder dafür sorgen, dass dieses Wenige für eine lange Zeit ausreicht.
Außerdem gibt es Wege und Mittel - ohne eine besondere Gabe, die zu einer speziellen Arbeit befähigen würde, wozu sicher nicht jeder berufen ist -, durch die sich jeder Gläubige einbringen kann. Diejenigen, die durch die Verfolgung, die durch Stephanus entstanden war, zerstreut wurden, gingen umher und verkündigten das Wort (Apg 8,4). Soweit wir wissen, gab es unter ihnen keine herausragende Gabe, aber diese einfachen Christen, Männer und Frauen, konnten nicht still bleiben. Es war ihnen unmöglich zu schweigen. Sie mussten von Christus sprechen, wo immer sie auch hinkamen. Einige kamen bis nach Antiochien, und dort sprachen sie auch zu den Griechen und verkündigten den Herrn Jesus. Dabei war die Hand des Herrn mit ihnen, und eine große Menge glaubte (Apg 11,19-21). Wir mögen nicht fähig sein, Christus den Volksmengen zu verkündigen, aber wie sie können wir das Zeugnis persönlich Einzelnen weitertragen; und wer kann sagen, welch ein Ergebnis ein in Liebe und Ernst gesprochenes Wort oder ein gut ausgewähltes Traktat, mit Gebet überreicht, hervorbringen mag.
Die Gläubigen wie die Sünder haben es nötig, dass man sich mit ihnen beschäftigt. Denken wir also an sie. Die Herde ist dem Herzen des Hirten kostbar. Er hat sie zu einem großen Preis erkauft. Um Seinetwillen müssen wir die Herde lieben, aber achten wir darauf, dass wir sie als Ganzes lieben - und nicht nur einen Teil. Mögen wir uns vor einem verengten Herzen sowie geteilten Zuneigungen bewahren. Schließen wir mit dem gleichen liebenden Interesse alle diejenigen ein, die Christus gehören, und suchen wir ihnen zu dienen, weil sie Ihm angehören. Lasst uns mit dem Ziel arbeiten, dass sie sich all dessen erfreuen können, was ihnen in Christo gehört. Viele von ihnen kennen kaum das gegenwärtige Heil und noch weniger die göttlichen Wahrheiten, die das Christentum von allem unterscheidet, was vorher existierte. Welch eine „offene Tür“ steht vor uns, wenn wir an die Heiligen Gottes denken, von denen viele eingeschlossen sind in eine Art Machanaim in der Wüste (2. Sam 17,27-29). Sie leiden Hunger und warten auf eine barmherzige Hand, die sie mit göttlicher Wahrheit nährt! Wenn ihr nicht viel tun könnt, tut wenig; tut das, was ihr könnt, und eure Arbeit wird nicht vergeblich sein.
Im Hinblick auf die Verlorenen habt acht, dass ihr nicht die Verkündigung des Evangeliums unterschätzt. Verbreitet das Evangelium. Der Wille Gottes ist, dass es allen verkündigt wird. Wenn ihr bei dem Gedanken an die Heiligen nichts weniger als die gesamte Kirche Gottes vor Augen habt, dann sollt ihr bei dem Gedanken an die Sünder nichts weniger als die ganze Welt vor Augen haben. Der gesamte Globus definiert das Arbeitsfeld des Evangelisten, aber die Buße eines einzigen Sünders ist Grund zur Freude im Himmel. Er mag in den übelsten Vierteln einer Großstadt leben oder in einem luxuriösen Palast; wenn er zur Buße geführt wird, freut sich der Himmel.
Arbeitet also für diesen Einen, wenn ihr nicht viel tun könnt. Es ist nichts Neues für den Himmel, sich zu freuen, aber ist es nicht wunderbar zu denken, dass sich, wenn ein Sünder, ein einziger Sünder, Buße tut, dann die Freude im Himmel vermehrt und die Engel sich freuen? Welche Hallelujas stimmen sie an, wenn sie Seine Stimme hören und Er zu ihnen sagt: „Freut euch mit mir, denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war“. Man muss also viel ans Evangelium denken. Wenn ihr es nicht tut, dann könnt ihr nicht in Gemeinschaft mit dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist sein. Betet für das Evangelium; betet für die, die es verkündigen; ermuntert sie mit eurer ganzen Teilnahme; unterstützt ihre Hände.
Tut ihr etwas, um die Versammlungsräume mit Leuten zu füllen, die das Heil nicht kennen? Diese Räume befinden sich in Wohngegenden; wie viele Menschen wohnen im Umkreis von einigen hundert Metern? Seid ihr jemals an ihrer Tür gewesen und habt angeklopft, um ein Traktat oder eine Einladung zu überbringen? Wenn ihr beim ersten Mal keinen Erfolg habt, versucht es zwei- oder dreimal. Zeigt ihnen, dass es ernst ist und dass, wenn sie die Gefahr nicht realisieren, wenigstens ihr davon überzeugt seid. Vielleicht werdet ihr sie am Ende gewinnen, aber selbst ein Traktat, das ihr ihnen da lasst, kann zum Segen für ihre Seelen werden.
Die Zeit vergeht schnell; unser Leben ist flüchtig und seine Dauer kurz. Es ist an uns, aufzustehen und zu handeln. Wir müssten uns vor dem Herrn demütigen, dass wir in unseren Bemühungen so nachgelassen haben, und wir haben allen Grund, dies im Selbstgericht vor Ihm zu bekennen. Aber selbst heute, so spät es auch sein mag, wenn wir unsere Gleichgültigkeit abschütteln und uns an die Arbeit machen, wird Seine Hand mit uns sein und wir werden erleben, dass sich Sünder in größerer Anzahl bekehren und die Heiligen auf bessere Weiden geführt werden zu ihrer Auferbauung und Segnung.
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