2024-08-18

Handschuhe an!

„Denn dies ist Gottes Wille: eure Heiligkeit.“ (1. Thessalonicher 4,3)

Kürzlich nahm ich an einem Erste-Hilfe-Kurs teil. Der Kursleiter wies uns mehrfach darauf hin, dass man bei der Wundversorgung Handschuhe tragen soll, die in jedem Verbandskasten zu finden sind. Handschuhe dienen unter anderem dem Eigenschutz und vermeiden darüber hinaus, dass wir die Wunde des Verletzten weiter verunreinigen und eine Infektion verursachen.

Im persönlichen Gespräch über das Evangelium sind wir ebenfalls gut beraten, im übertragenen Sinn Handschuhe zu tragen. Wenn Menschen aus ihrem Leben erzählen, blickt man nicht selten in tiefe Abgründe. Man hört Geschichten über Missbrauch, Drogen, Alkohol, Gewalt, Schulden, Vergewaltigung, Rotlichtmilieu, Abtreibung und vieles mehr, darüber hinaus oft eine verunreinigende Sprache.

Bei manchen Erlebnissen läuft es uns eiskalt den Rücken herunter. Ein Mensch lässt uns an seine Wunden heran, weshalb wir während eines solchen Gesprächs „Handschuhe“ tragen sollten, um uns nicht selbst zu verunreinigen. Wir müssen dem Herrn unsere Gedanken anbefehlen, damit das „Kopfkino“ ausbleibt.

Besonders Sünden auf sexuellem Gebiet sollten wir uns nicht mehr als nötig schildern lassen und auch nicht durch unnötiges Nachfragen mehr Details zutage fördern. Hier ist gedankliche Reinheit angesagt; wir sollen jeden Gedanken unter den Gehorsam des Christus gefangen nehmen (2. Kor 10,5).

Ebenso gilt es, Abneigung, Groll oder Ekel im Griff zu haben. Schildert uns die Person etwa eigene Sünden, empfindet man selbstverständlich Abscheu - doch sollte man dies dem Gegenüber nicht spiegeln. Der Herr liebt unser Gegenüber und wir sollten das auch tun.

Hat die Person etwa Unrecht im eigenen Leben erfahren, kommt leicht Zorn gegen die Verursacher auch in unseren Herzen auf. Bei all diesen Kontakten sind „Handschuhe“ zum Eigenschutz erforderlich, „denn dies ist Gottes Wille: eure Heiligkeit“ (1. Thes 4,3).

Wir tun aber auch gut daran, die Wunde unseres Gesprächspartners nicht noch zu verschlimmern. Einem Ungläubigen brauchen wir keine Vorwürfe für sein eigenes Verhalten zu machen, denn er weiß es ja nicht besser [1]. Sünde hat immer eine zerstörerische Wirkung, was die Wunden leider nur zu gut beweisen.

Über Sünden und Not zu sprechen, hilft den Menschen teilweise sehr und teilweise hört ihnen kaum jemand zu. Sünden zu verschweigen, belastet den Menschen, und darüber zu reden, tut ihm gut. Das hat David auch erlebt (Ps 32,1-5).

Natürlich ist es in erster Linie wichtig, dass ein Mensch Gott seine Sünden bekennt (1. Joh 1,9; Ps 32), aber um einen kaputten Menschen zu erreichen, kommen wir oft nicht umhin, auch für so manche schaurige Geschichte ein offenes Ohr zu haben.

 


[1] Natürlich ist Sündenerkenntnis wichtig für ihn, aber das sollte nie durch Vorwürfe geschehen.

A.Sch. / C.Sb. / M.K.


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