2022-09-08

Laufen bis ans Ziel

„Wisst ihr nicht, dass die, die in der Rennbahn laufen, zwar alle laufen, aber einer den Preis empfängt? Lauft nun so, dass ihr ihn erlangt.“ (1. Korinther 9,24)

1807, im Alter von 48 Jahren, nach 25 Jahren im Dienst als Pastor der Trinity Church in Cambridge, verlor Charles Simeon seine Gesundheit. Er wurde sehr schwach und musste eine lange Auszeit von seiner Arbeit nehmen. In den nächsten zwölf Jahren lernte er eine erstaunliche Lektion über den »Ruhestand«. H. C. G. Moule erzählt die Geschichte so:

Die Phase, in der [Simeons] Gesundheit zerrüttet war, dauerte mit Schwankungen 13 Jahre, bis er gerade sechzig war, und dann ging es ihm ohne irgendeine offensichtliche körperliche Ursache plötzlich besser.

Er befand sich 1819 mit Marsh auf seinem letzten Besuch in Schottland, und als er auf der Rückreise gerade die Grenze zu England überquerte, stellte er zu seiner eigenen Überraschung fest, dass »seine Kraft fast genauso spürbar erneuert [war] wie bei der Frau, nachdem sie den Saum des Gewandes des Herrn berührt hatte«.

In dieser Wiederherstellung sah er kein Wunder in der normalen Bedeutung des Wortes, sondern ein eindeutiges Zeichen göttlicher Vorsehung. Er sagt, vor seinem Zusammenbruch habe er sich selbst ein sehr aktives Leben bis sechzig vorgenommen, um dann den »Sabbat« seines Lebensabends zu verbringen.

Und nun schien der Meister zu sagen: »Ich habe dich beiseitegesetzt, weil du mit Befriedigung daran gedacht hast, von deiner Arbeit auszuruhen. Nun bist du aber in genau dieser Zeit angekommen, in der du dich zur Ruhe setzen wolltest. Ich aber habe beschlossen, stattdessen deine Kraft für mich bis zur letzten Stunde deines Lebens zu nutzen; ich habe deine Kraft verdoppelt, verdreifacht und vervierfacht, damit du deinen Wunsch in erweitertem Maße umsetzen kannst.«

Wie viele Christen richten ihren Blick auf einen »Sabbatabend« des Lebens - ausruhen, sich die Zeit vertreiben, reisen. Dies schlägt die Welt als Ersatz für den Himmel vor, denn sie glaubt nicht, dass es eine Ewigkeit jenseits des Grabes gibt.

Wir müssen uns, so meint man, in diesem Leben für die vielen Arbeitsjahre selbst belohnen, denn wer weiß, was das Leben danach bringt, wenn es denn ein solches gibt.

Wie seltsam für einen Christen, seinen Blick auf 20 Jahre zu richten, in denen er mit irgendwelchen Dingen »spielt« und herumwerkelt! Wie tragisch, so die letzte Runde zu laufen, ehe  man in die Gegenwart des Königs tritt, der seinen Lauf auf Erden so ganz anders beendete!

J.P.


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