Ein Gefangener des Herrn
Oft kommt es vor, dass Christen verfolgt werden, wenn sie Christus vor den Menschen bekennen. Ein Missionar in Süd-Amerika hat das erlebt - aber auch wie die Gnade Gottes durchträgt:
Der Missionar hatte die Gewohnheit, jeden Sonntag-Nachmittag von 15 bis 16 Uhr auf den Stufen der Freiheitsstatue am Hauptplatz von Potosi das Evangelium zu verkündigen. Gelegentlich kam es vor, dass der Oberst stehen blieb und zuhörte und dann weiterging. Eines Tages rief der Oberst ihn beiseite und warnte ihn vor einem möglichen gewaltsamen Einschreiten von Seiten der Polizei, wenn er nicht vom Predigen auf diesem Platz abließ. (Die Kathedrale stand nämlich in der Nähe der Freiheitsstatue, und der katholische Vikar war ganz und gar nicht erfreut darüber, dass dieser Fremde an diesem Platz das Evangelium verkündigte).
Er dankte dem Oberst für seine Besorgnis um seine Sicherheit; da jedoch das Grundgesetz von Bolivien in religiöser Hinsicht Freiheit gewährte, war er entschlossen, lieber Verfolgung auf Sich zu nehmen als von dem Vorrecht, die Botschaft von dem Herrn Jesus und Seiner Liebe den Verlorenen weiterzusagen, keinen Gebrauch zu machen.
Und in der Tat! Am nächsten Sonntag begann die Verfolgung. Der Missionar hatte gerade seine Predigt beendet, als ein Polizeibeamter erschien. Er zog sein Schwert und befahl dem Missionar: „Los!" Auf seine Frage, wohin man ihn bringen würde und weshalb man ihn ohne eine gerichtliche Anordnung festnehme, kam ein noch schärferes „Los! Marsch, sage ich!" Er wurde zur Polizeistation gebracht und von einem der Wärter grob in eine Zelle gestoßen. Es war ein kalter, schmutziger Raum mit nur einem kleinen Loch in der Wand, durch das ein wenig Licht drang. Kein Bett, keine Nahrung.
Als Sich die riesige Stahltür hinter ihm schloss, fiel er auf seine Knie und betete: „Herr Jesus, ich bin kein Gefangener des Staates, sondern Dein Gefangener. Du allein kannst Deinen Knecht aus diesem Verließ befreien. Du hast Petrus befreit Du kannst auch mich befreien." Ja, der Herr lebt! Gepriesen sei Sein Name! „Es Sind die Gütigkeiten des HERRN, dass wir nicht aufgerieben sind; denn seine Erbarmungen Sind nicht zu Ende; sie Sind alle Morgen neu, deine Treue ist groß" (Klagelieder 3,22.23).
Am nächsten Tag wurde er aus seiner Zelle in das Büro des Polizeichefs gebracht. Man stelle Sich seine Freude vor, dort den Oberst warten zu sehen. Anscheinend hatte er seinen Freund vermisst; auch die Frau des Missionars hatte ihm berichtet, dass ihr Mann die ganze Nacht nicht heimgekommen sei. Er war sogleich zur Polizeistation gegangen und hatte Befehl gegeben, seinen Freund sofort herauszuholen.
Als der kam, fragte er ihn, was er denn dort gemacht habe. Der Missionar antwortete ruhig: „Mein Herr, ich bin ein Gefangener Jesu Christi, weil ich Sein kostbares Wort gepredigt habe." Der Oberst wandte Sich an den Polizeichef und fragte ihn: „Weshalb ist dieser Mann arrestiert worden? Was hat er getan?" Alles, was dieser sagen konnte, war: „Er bedroht den Frieden in dieser Stadt. Der Vikar hat gesagt, er sollte nach Uruguay ausgewiesen werden. Außerdem ist er ein Unruhestifter und widersteht der Regierung dieses Landes."
Der Oberst meldete die Sache dem Vorgesetzten des Polizeichefs. Zu dem Missionar sagte er: „Sie gehen jetzt nach Hause zu Ihrer Frau, ich werde noch später nach Ihnen sehen", was er dann auch getreulich tat. Er befahl einem Soldaten, ihn zu begleiten und bei den Versammlungen anwesend zu sein, um ihm — dem Oberst — zu melden, sobald es irgendwelche Gefahr für den Missionar gebe. Der Missionar brachte dem Befehlshaber der südlichen Landstreitkräfte seine tiefe Dankbarkeit für seine treue Fürsorge zum Ausdruck.
Er eilte nach Hause zu seiner Frau, die besorgt am Fenster Ausschau hielt, wo sie treu auf ihn gewartet hatte, seit er zwei Tage zuvor fortgegangen war. Sie weinte an seiner Schulter. Schluchzend sagte sie: „Mein Lieber, ich habe solche Angst, dass unser Feind (der Vikar) dir doch noch etwas antun wird!"
Er tröstete sie: „Lass nur, mein Liebes, wir werden anhaltend für ihn beten, dass Gott an ihm wirken und ihn davon überführen möchte, dass er den Heiland nötig hat." Jemand hatte seiner Frau erzählt, dass es der Vikar von der Kathedrale gewesen sei, der ihren Mann hatte festnehmen lassen. Fast ein ganzes Jahr lang beteten sie für den Vikar (und auch etliche von den jungen Männern in der Versammlung taten es), und ihre Gebete wurden erhört, wie wir sehen werden.
Mittlerweile war eine Revolution ausgebrochen, angeführt von eben diesem Vikar. Nachdem der Präsident des Landes von der Armee abgesetzt wurde, kam ein anderer an seine Stelle. Dafür wurde der Vikar zum Bischof ernannt und von diesem Staat in einen anderen versetzt.
Gewiss erhört der Herr die Gebete der Seinen. Zwei Jahre später konnte man in der Zeitung lesen, der Bischof habe Sich seiner Roben entledigt und sei ein 'Häretiker' geworden. Was wirklich geschah, war, dass der Herr ihm Gnade erwiesen und ihn von seinen Sünden errettet hatte! Dies kam zustande durch das Lesen des kleinen Johannesevangeliums, das der Missionar über die ganze Stadt hin verteilt hatte, ehe er festgenommen worden war.
Man nahm von dem Vikar an, dass er alle, die er einsammeln lassen konnte, vernichtet hatte. Ja, alle -- bis auf eines, das er in seiner Tasche verschwinden ließ, um es später insgeheim zu lesen. Der Herr gebrauchte diese Broschüre, um seine Seele zu retten. Welch eine Gnade! Es brach eine Verfolgung gegen ihn aus, sodass er schließlich das Land verlassen musste.
Wie wunderbar ist doch die Gnade Gottes!
„lhr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen ... Wenn nun der Sohn euch frei machen wird, so werdet ihr wirklich frei sein.“ (Johannes 8,32.36)
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