2020-04-12

Eine einsame Evangelisation in der Justiz-Anstalt

" Ich sage euch: So wird Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut" (Lukas 15,7)

1941 verbreitete die Tageszeitung (die Albert Winterhoff eigentlich sonst nie las) die leidvolle Nachricht, dass eine junge ledige Mutter ihr Neugeborenes getötet hatte und dafür mit dem Tode bestraft werden sollte und in der Hagener Justizanstalt auf die Vollstreckung des Urteils wartete.

Ihre Namensgleichheit mit einem in seinem Elternhaus auf erzogenen Pflegesohn nahm Albert zum Anlass, beim Hagener Gericht persönlich vorzusprechen und die mögliche verwandtschaftliche Beziehung der Verurteilten zum Pflegesohn der Eltern dahingehend auszuwerten, eine Gesprächserlaubnis vor der Hinrichtung zu erhalten. Der Richter entschied kurzerhand: „Stellen Sie diesen Ihren Antrag schriftlich. Wir geben Ihnen Nachricht.“ Tatsächlich kam nach 3 Wochen der sachlich kurz abgefasste Erlaubnisbescheid:

„Der Besuch kann am kommenden Montag um 8.20 Uhr stattfinden. Die zugebilligte Besuchszeit beträgt 20 Minuten!"

In der Nacht zuvor rief Albert noch einmal unentwegt zum Herrn, eingedenk des Wortes Gottes: „Das inbrünstige Gebet eines Gerechten vermag viel" (Jak 5,16).

Wie oft hatte er das in seinem Leben bestätigt gefunden! Eigentlich war ihm wohl klar, dass die dem Richter vorgetragene mögliche Verwandtschaftsbeziehung zum Pflegesohn der Eltern kaum bestand. Aber würde dieser Umstand den hohen Wert einer einzigen Seele (Mt 16,26), deren Unsterblichkeit (Lk 16,23) und ewiges Verderben (Offb 21,8) ändern, wenn die Verurteilte - unversöhnt mit dem heiligen Gott - diese Erde verlassen sollte?

Fastend und betend, wie so oft in seinem Leben, trat er am frühen Morgen die Reise nach Hagen an. Unter scharfer Bewachung - und allein durch das Zellengitter durfte er reden - war dann rasch geklärt: Die immerhin mögliche Verwandtschaft zum Pflegesohn bestand nicht, und Albert, sofort das Thema wechselnd, ging zu dem eigentlichen Besuchsgrund über: Er wollte der dem großen Tode Verfallenen und zum Tode Verurteilten den Weg des Heils zu ihrer ewigen Errettung aufzeigen.

Das geschah dringlich und ausgedehnt, so ausgedehnt, dass der Bewacher - einer solchen Botschaft jedenfalls entgegen (siehe 2. Kor 2,16) - empört dazwischenrief: „Ihre erlaubte Besuchszeit ist längst überschritten. Sie machen sofort Schluss!" Albert machte sofort laut betend und zum Herrn rufend Schluss.

„Am Morgen säe deinen Samen" (Pred 11,6), und welch ein Resultat kam auf! Das Samenkorn war fruchtbringend in das Herz der zum Tode Verurteilten gefallen. Nach etwa 10 Tagen kam von ihr die auf Erden vielleicht zuletzt geschriebene Post nach Gevelsberg. Ein langer Brief! Kurzgefasst die bedeutsame Aussage enthaltend:

„Mein Erdenweg kommt nun gemäß dem Urteil meines irdischen Richters hier zu Ende, aber Ihr Besuch hat meinen Stand völlig verändert: Ich habe die Vergebung meiner Sünden durch das kostbare Blut Jesu Christi erlangt. Wenn ich nun den Weg des irdischen Richters zu gehen habe - mein Gnadengesuch ist zwischenzeitlich abgelehnt -, so weiß ich jetzt, dass meine ganze Sündenschuld vor dem großen Richter gesühnt und die ewige Herrlichkeit mein unverdientes Teil werden darf, wenn ich diese Erde verlasse. Aus lauter Gnaden!”


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