Spurgeons Bekehrungsgeschichte
„Wendet euch zu mir und werdet gerettet, alle ihr Enden der Erde! Denn ich bin Gott und keiner sonst“ (Jes 45,22)
Als ich angefangen hatte, mir über meine Seele Sorgen zu machen, und bereit war, alles zu tun und alles zu sein, wenn nur Gott meine Sünden vergeben würde, beschloss ich, alle Gottesdienstorte der Stadt aufzusuchen, in der ich lebte, damit ich den Weg der Erlösung herausfände. Aber lange Zeit war es umsonst.
Einer der Prediger predigte über die göttliche Allmacht; ich hörte ihm gerne zu, aber wo war die Wahrheit für einen armen Sünder, der gerettet werden wollte? Ein anderer bewundernswerter Mann predigte immer über das Gesetz. Aber was für einen Sinn hat es, einen Boden, der den Samen braucht, nur immer wieder umzupflügen? Ein anderer war ein praktischer Prediger. Aber was er sagte, klang sehr nach einem Kommandeur, der einer Gruppe von Menschen ohne Füße die Manöverübungen erklärte. All diese Männer predigten Wahrheiten, die für eine Versammlung von geistlich ausgerichteten Menschen gedacht waren; aber was ich wissen wollte, war: »Wie kann ich die Vergebung meiner Sünden erlangen?«
Vielleicht würde ich noch heute in Dunkelheit und Verzweiflung leben, hätte Gott in seiner Güte nicht einen Schneesturm gesandt, der mich eines Sonntagmorgens auf dem Weg zum Gottesdienst überraschte. Ich suchte in einer Nebenstraße Zuflucht und kam zu einer Kapelle der Methodisten. Darin saßen etwas fünfzehn bis zwanzig Menschen. Ich hatte von den Methodisten schon gehört, sie würden so laut singen, dass man Kopfschmerzen davon bekäme. Aber das störte mich nicht. Ich wollte wissen, wie ich gerettet werden könne, und wenn sie es mir sagen konnten, waren mir die Kopfschmerzen egal. An diesem Morgen kam der Prediger nicht, vermutlich weil er eingeschneit war. Schließlich stand ein sehr schmal aussehender Mann auf und ging nach vorne auf die Kanzel, um zu predigen. Dieser Mann war wirklich einfältig. Er musste bei seinem Text bleiben, denn er hatte wenig darüber hinaus zu sagen. Der Text war:
»Schaut auf mich, und ihr werdet gerettet werden, all ihr Enden der Erde«. Er sprach nicht einmal die Worte richtig aus, aber das war unwichtig. Da lag, so dachte ich, ein Hoffnungsschimmer in diesem Text. Der Redner begann:
»Meine lieben Freunde, dies ist in der Tat ein sehr einfacher Text. Er sagt »Schaut<<. Nun ist Schauen nicht allzu schmerzhaft und anstrengend. Du musst nicht einmal deinen Finger oder deinen Fuß dafür heben. Nur >Schaut<. Nun, ein Mensch muss nicht zur Universität gehen, um Sehen zu lernen. Du kannst der größte Trottel sein, und doch kannst du sehen. Ein Mensch muss auch nicht Tausende im Jahr verdienen, um sehen zu können. Jeder kann sehen, sogar ein Kind kann sehen. Aber dann sagt der Text: >Schaut auf mich<.
Nun!«, fuhr der Mann in seinem breiten Essexer Dialekt fort, »viele von euch schauen auf sich selbst, aber es hat keinen Sinn, dahin zu blicken. In euch werdet ihr nie irgendeinen Trost finden. Einige schauen auf Gott, den Vater, Nein, schaut immer mehr auf ihn! Jesus Christus sagt: >Schaut auf mich< Einige unter euch sagen: >Wir müssen warten, bis der Geist an uns arbeitete Kümmere dich jetzt nicht darum. Schau auf Christus. Der Text sagt, >Schaut auf mich<.« Auf diese Art und Weise ging es weiter. »Schaut auf mich, ich schwitze große Blutstropfen. Schaut auf mich, ich hänge an dem Kreuz. Schaut auf mich, ich bin tot und begraben. Schaut auf mich, ich stehe wieder auf. Schaut auf mich, ich fahre auf zum Himmel. Schaut auf mich, ich sitze zur Rechten des Vaters, O, du armer Sünder, schau auf mich! Schau auf mich!«
Als er bis hierher gekommen war und es geschafft hatte, etwa zehn Minuten zu füllen, war er am Ende mit seinem Latein. Dann sah er mich, wie ich unter der Galerie saß. Sicher wusste er bei so wenigen Anwesenden, dass ich ein Fremder war. Er richtete sein Auge auf mich, als würde er mein ganzes Herz kennen, und sagte:
»Junger Mann, Sie sehen sehr elend aus ...«Ja, das tat ich, aber ich war es nicht gewohnt, von der Kanzel her direkt auf mein persönliches Aussehen angesprochen zu werden. Wie dem auch sei, es war ein Volltreffer. Er fuhr fort:»... und Sie werden immer elend sein - elend im Leben und elend im Tode - wenn Sie meinem Text nicht gehorchen. Aber wenn Sie jetzt, in diesem Moment, gehorsam werden, dann werden Sie gerettet.« Dann, mit hoch erhobenen Händen, rief er, wie dies vielleicht nur ein einfacher Methodist tun kann: »Junger Mann, schau auf Jesus Christus. Schau! Schau! Schau! Du musst nichts tun, als nur schauen, und du wirst leben.«
Plötzlich und auf einmal sah ich den Weg der Erlösung. Ich weiß nicht mehr, was er noch sagte - ich habe nicht so sehr darauf geachtet -, ich war ganz und gar erfüllt von diesem einen Gedanken. Genauso war es doch mit der ehernen Schlange gewesen; als sie erhöht worden war, mussten die Leute nur auf sie schauen, und sie wurden gerettet. So war es auch mit mir. Ich hatte erwartet, fünfzig Dinge tun zu müssen, aber als ich dieses Wort hörte: »Schau«, da schien es für mich das schönste Wort der Welt zu sein! Ach, ich hätte mir die Augen aus dem Kopf schauen können.
An diesem Ort und in diesem Augenblick wich der Schleier, die Dunkelheit verschwand, und im gleichen Moment sah ich die Sonne. Ich hätte aufstehen können und mit den enthusiastischsten Methodisten von dem kostbaren Blut Christi und dem einfachen Glauben singen können, der nur auf ihn schaut.
Wenn mir das doch nur schon vorher jemand gesagt hätte: »Verlass dich auf Christus, und du sollst gerettet werden.« Ich konnte jetzt John Bunyan verstehen, der sagte, er habe den Krähen auf dem Acker alles über seine Bekehrung erzählen wollen. Er war zu voll davon, um es für sich zu behalten.
Vorherige Erfahrung Nächste Erfahrung