2019-10-23

Die Wasserkrüge zu Kana (4)

„Jesus spricht zu ihnen: Füllet die Krüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan“ (Johannes 2,7).

Nun der letzte Grundsatz: Obwohl das menschliche Tun an sich nicht das höchste Ziel erreichen kann, so hat es doch seinen Platz, und Gott hat es durch Seine Anordnungen notwendig gemacht.

Warum ließ unser Herr diese Krüge mit Wasser fül­len? Ich sage nicht, dass es notwendig geschehen musste. Es war an sich nicht unbedingt notwendig. Aber damit das Wunder ganz offen und unverdeckt sei, war es not­wendig. Angenommen, Er hätte gesagt: „Geht zu jenen Wasserkrügen und schöpft Wein’“, so hätten die, wel­che Ihn belauerten, sagen können, es sei vorher Wein dagewesen, und es wäre kein Wunder geschehen. Als unser Herr sie mit Wasser füllen ließ, war kein Raum da, wo Wein hätte verborgen sein können. Er handelte wie Elia: Als er beweisen wollte, dass kein verborgenes Feuer auf dem Altar zu Karmel war, ließ er sie ans Meer gehen, um Wasser zu holen und es auf den Altar und das Opfer zu gießen, bis die Gräben voll waren. Nach­dem sie das dreimal getan hatten, blieb keine Möglich­keit für einen Betrug übrig. So machte der Herr Jesus, als Er die Diener die Krüge mit Wasser füllen ließ, es ganz unmöglich, Ihn des Betruges anzuklagen. Und dar­an erkennen wir, weshalb es notwendig war, dass die Krüge mit Wasser gefüllt wurden.

Außerdem war es notwendig, weil es lehrreich für die Diener war. Der Speisemeister wusste nicht, woher der gute Wein kam, als er ihn kostete. Er konnte es nicht verstehen, und seine Äußerung zeigt Überraschung und Unwissenheit. Aber es steht geschrieben: „Die Diener aber, die das Wasser geschöpft hatten, wußten es.“

Nun, wenn Seelen in einer Gemeinde bekehrt wer­den, so ist es oft ähnlich bei gewissen Menschen, die gute Leute sind, aber nicht viel von Bekehrung der Sün­der wissen. Sie fühlen keine Freude bei Erweckungen. Sie haben, wie der ältere Bruder, eher Argwohn gegen diese wilden Charaktere, die hereingebracht werden. Sie halten sich für sehr respektabel und wollen lieber nicht die niedrigsten Leute neben sich sitzen haben. Sie wis­sen wenig von dem, was vorgeht. „Die Diener aber, die das Wasser geschöpft hatten, wußten es.“ Die ernsten Gläubigen, die die Arbeit tun und sich bemühen, die Wasserkrüge zu füllen, wissen davon.

Jesus befahl, die Gefäße mit Wasser zu füllen, damit die, die das Wasser schöpften, wissen sollten, dass es sich um ein Wunder handelte.

Ich garantiere euch, wenn ihr Seelen zu Christus bringt, so werdet ihr Seine Macht erkennen. Ihr werdet hüpfen vor Freude, wenn ihr den Schrei der Buße hört, den hellen Freudenblick seht, der über des neugebore­nen Gläubigen Antlitz zuckt, dessen Sünden hinwegge­waschen sind.

Wenn ihr Christi Kraft erfahren möchtet, so müsst ihr hingehen und nicht Wunder tun, sondern nur das Was­ser schöpfen und die Wasserkrüge füllen. Tut die ge­wöhnlichen Pflichten - die, in denen an sich keine Macht ist, welche aber Jesus mit Seinem göttlichen Wir­ken verbindet -, und es wird euch zur Belehrung und zu eurem Trost sei, dass ihr eine solche Arbeit zu tun hattet.

Lasst uns nun sehen, wie wir dieses göttliche Gebot ausführen sollen: „Füllet die Krüge mit Wasser!“ Nun, gebraucht in dem Dienst Christi die Fähigkeiten, die ihr habt.

Da standen die sechs Wasserkrüge, und Jesus setzte ein, was vorhanden war. Es war Wasser in dem Brun­nen; unser Herr gebrauchte auch das. Er ist gewohnt, die Seinen und ihre Fähigkeiten zu benutzen.

Liebe Brüder und Schwestern, wenn ihr keine golde­nen Kelche habt, so füllt eure irdenen. Wenn ihr nicht mit Elia Feuer vom Himmel bringen könnt, und wenn ihr nicht mit den Aposteln Wunder wirken könnt, so tut, was ihr könnt. Wenn ihr kein Gold und Silber habt, so gebt dem Herrn das, was ihr habt. Bringt Wasser auf Seinen Befehl hin, und es wird besser als Wein sein. Die gewöhnlichsten Gaben können dem Zweck Christi dienstbar gemacht werden. Gerade wie Er ein paar Brote und Fische nahm und die Menge damit speiste, so wird Er eure sechs Wasserkrüge und das Wasser darin neh­men und es zu Wein machen.

Sie füllten das, was sie hatten, denn die Wasserkrüge waren leer.

Es sind vielleicht Brüder da, die versuchen, ihre Ga­ben und Fähigkeiten durch Bibelstudium zu verbessern. Ich denke, ihr tut recht, meine Brüder. Aber ich höre einige Leute sagen: „Der Herr Jesus bedarf eurer Ge­lehrsamkeit nicht.“ Nein, es ist sehr wahrscheinlich, dass es so ist - ebensowenig wie Er das Wasser nötig hatte. Aber ebenso wenig bedarf Er eurer Dummheit und eurer Unwissenheit. Er bedarf auch nicht eurer rohen und un­gebildeten Sprechweise. Er suchte nicht nach leeren Krügen bei dieser Gelegenheit; Er wollte sie voll haben; und die Diener taten recht, sie zu füllen. Unser Herr verlangt jetzt nicht leere Köpfe bei seinen Botschaftern, nicht leere Herzen; deshalb, meine Brüder, füllt eure Wasserkrüge mit Wasser. Arbeitet weiter und studiert weiter, lernt, soviel ihr könnt, und füllt die Wasserkrüge mit Wasser.

„O“, wird jemand sagen, „aber wie sollen solche Stu­dien zur Bekehrung der Menschen führen? Bekehrung ist wie Wein, und alles, was diese jungen Leute lernen werden, wird wie Wasser sein.“

Du hast recht. Aber doch empfehle ich jedem, der die Bibel studiert, die Krüge mit Wasser zu füllen, und er­warte, dass der Herr Jesus das Wasser in Wein verwan­delt. Er kann die menschlichen Kenntnisse heiligen, so dass sie bei der Verkündigung der Erkenntnis Jesu Chri­sti nützlich werden. Ich hoffe, die Zeit ist vorüber, wo man davon träumt, dass Unwissenheit und Grobheit nützlich für das Reich Gottes sind. Der große Lehrer will, dass die Seinen alles wissen, was sie wissen können, aber besonders Ihn selbst und die Schrift studieren, da­mit sie Ihn und sein Evangelium verkündigen können. „Füllet die Krüge mit Wasser!“

Lasst uns weiter die von Gott verordneten Mittel des Segens betrachten. Was sind sie?

Zunächst das Lesen der Schrift. Suchet in der Schrift. Forscht darin, so gut ihr könnt. Versucht, sie zu verste­hen. „Aber wenn ich die Bibel kenne, werde ich deshalb errettet werden?“ Nein, du musst Christus selbst durch den Geist kennen. Doch „füllet die Krüge mit Wasser“!

Während ihr in der Schrift forscht, könnt ihr erwar­ten, dass der Heiland Sein eigenes Wort segnen und das Wasser in Wein verwandeln wird. Außerdem sind die Gottesdienste und die Evangelisationen da. Tragt Sorge, diesen Krug mit Wasser zu füllen.

„Aber ich kann Tausende von Predigten hören und nicht errettet werden.“ Ich weiß, dass es so ist, aber eure Sache ist, diesen Krug mit Wasser zu füllen. Während ihr das Evangelium hört, wird Gott es segnen, denn der Glaube kommt aus der Predigt, die Predigt aber aus dem Wort Gottes.

Achtet darauf, dass ihr die von Gott verordneten Mit­tel gebraucht. Weil unser Herr Jesus gesagt hat, dass die Menschen durch die Predigt des Wortes errettet werden, bete ich, dass Er Prediger erwecke, die ohne Unterlass predigen, zur Zeit und zur Unzeit, in Häusern und auf der Straße.

„Aber sie werden durch unser Predigen nicht errettet werden.“ Das weiß ich. Predigen ist das Wasser: Wäh­rend wir predigen, wird Gott es segnen und das Wasser in Wein verwandeln.

Lasst uns christliche Bücher und Traktate verbreiten.

„O, aber die Leute werden nicht durch das Lesen die­ser Schriften errettet werden.“ Sehr wahrscheinlich nicht, aber während des Lesens kann Gott ihnen Seine Wahrheit in Erinnerung bringen und ihre Herzen an­rühren. „Füllet die Krüge mit Wasser!“ Verschenkt reichlich Traktate. Verteilt christliche Schriften, überall. Füllt die Krüge, und der Herr wird das Wasser in Wein verwandeln.

Denkt auch an die Gebetsstunden; füllt diesen Krug mit Wasser. Ich habe nicht über euren Besuch der Ge­betsstunde zu klagen, aber haltet damit an, liebe Brü­der! Ihr könnt beten. Gelobt sei sein Name, ihr habt den Geist des Gebets. Betet weiter! „Füllet die Krüge mit Wasser!“, und in Erhörung des Gebets wird Jesus es in Wein verwandeln.

Sonntagschullehrer, arbeitet mit all eurer Kraft in der Sonntagschule.

„Aber es wird die Kinder nicht erretten, wenn wir sie bloß zusammenbringen und ihnen von Jesus erzählen. Wir können ihnen kein neues Herz geben.“ Wer sagt denn, dass ihr das könnt? „Füllet die Krüge mit Was­ser!“ Jesus Christus versteht, es in Wein zu verwandeln. Und Er unterlässt nicht, es zu tun, wenn wir Seinen Ge­boten gehorsam sind.

Gebraucht alle Mittel, aber tragt Sorge, dass ihr diese Mittel mit ganzer Seele einsetzt.

Ich komme auf den Teil meines Textes zurück: „Und sie füllten sie bis obenan.“ Wenn ihr die Kinder in der Sonntagschule lehrt, lehrt sie gut. Füllt sie bis obenan. Wenn du predigst, lieber Mann, so predige nicht, als wenn du nur halb wach wärst; rühre dich. Wenn du ver­suchst, die Menge zu evangelisieren, so tue es nicht auf halbherzige Weise, als wenn es dir einerlei wäre, ob ihre Seelen errettet würden oder nicht; fülle sie bis obenan. Predige das Evangelium mit aller Kraft, bitte um Kraft aus der Höhe. Fülle jedes Gefäß bis an den Rand. Was wert ist, überhaupt getan zu werden, ist wert, gut getan zu werden. Niemand hat Christus jemals zu gut gedient.

Ich habe gehört, dass bei einem Dienst zuviel Eifer sein kann, aber im Dienst Christi mögt ihr soviel Eifer haben, wie ihr wollt, ohne dass ihr das Maß überschrei­tet. Strebt danach, Gutes von ganzem Herzen und von ganzer Seele und mit ganzer Kraft zu tun.

Aber erinnert euch auch an folgendes: Wenn ihr alles getan habt, was ihr könnt, wird doch ein großer Mangel in all dem zu sehen sein, was ihr getan habt. Es ist gut, vom Traktateverteilen, Sonntagschullehren, Predigen heimzugehen, auf die Knie zu fallen und zu rufen: „Herr, ich habe alles getan, was du mir befohlen hast, und doch ist nichts getan, wenn du nicht die Hand dar­an legst. Herr, ich habe die Wasserkrüge gefüllt, und ob­wohl ich sie nur mit Wasser füllen konnte, so habe ich sie doch bis obenan gefüllt. Herr, nach meinem besten Vermögen habe ich versucht, Menschen für dich zu ge­winnen. Es kann keine Seele errettet, kein Kind bekehrt und deinem Namen keine Ehre gebracht werden durch das, was ich getan habe. Aber, mein Meister, sprich das wunderwirkende Wort, dass das Wasser, welches die Gefäße füllt, zu Wein werde. Du kannst das tun, was ich nicht kann.“

Dieser Gedanke führt mich zu der letzten Anwen­dung des Grundsatzes: „Vertraut eurem Herrn, dass er das Werk tun wird.“ Ihr seht, es gibt zwei Arten, Was­serkrüge zu füllen. Angenommen, diesen Leuten wäre nie befohlen worden, die Wasserkrüge zu füllen, und ihr Tun hätte gar keinen Bezug auf Christus gehabt. Ange­nommen, es wäre ihr eigener Einfall gewesen, und sie hätten gesagt: „Diese Leute haben keinen Wein mehr. Aber sie sollen ein Bad haben, wenn sie wollen, deshalb füllen wir die sechs Gefäße mit Wasser.“

Solches Tun würde zu nichts geführt haben. Das Was­ser hätte gestanden und ihre Gesichter auf seiner glän­zenden Fläche widergespiegelt, aber weiter wäre nichts geschehen. Jesus Christus muss kommen und in seiner Kraft das Wunder wirken. Weil Er den Dienern befoh­len hatte, die Krüge mit Wasser zu füllen, deshalb war Er verpflichtet, wenn ich einen solchen Ausdruck von unserem Herrn gebrauchen darf, es in Wein zu verwan­deln, denn sonst hätte Er sie zum besten gehalten, und sie hätten sich umwenden und sagen können: „Warum gabst du uns einen solchen Befehl?“

Wenn der Herr Jesus nicht durch uns wirkt, nachdem wir die Krüge mit Wasser gefüllt haben, so haben wir getan, was Er uns befohlen hat, aber die Welt würde so­gleich behaupten, dass Christi Gebote leer, fruchtlos und umsonst seien. Man würde erklären, dass der Gehorsam gegen Sein Wort kein Resultat ergibt. Die Welt würde sagen: „Ihr habt die Wasserkrüge mit Wasser gefüllt, weil Er es euch befahl. Ihr habt erwartet, dass Er das Wasser in Wein verwandeln werde, aber Er tat es nicht. Euer Glaube ist eitel; euer ganzer Gehorsam ist um­sonst. Er ist kein Herr, dem man dienen sollte.“

Wir würden verlieren, aber er noch mehr, denn Er würde Seine Ehre verlieren. Ich für mein Teil glaube nicht, dass ein gutes Wort für Christus jemals vergeblich gesprochen wird. Ich bin gewiss, dass keine Predigt, in der Christus verkündigt wird, ohne Resultat bleiben wird. Etwas wird daraus entspringen, wenn auch nicht heute oder morgen, aber etwas wird dennoch daraus entspringen.

Wenn ich eine Predigt drucken ließ, so habe ich kurz danach oft die Freude gehabt, von Menschen zu hören, dass diese Blätter das Mittel zu ihrer Errettung gewesen sind. Wenn ich eine Predigt nicht gedruckt, sondern nur gehalten habe, so habe ich doch gedacht, etwas werde danach kommen. Ich predigte Christus. Ich legte Seine errettende Wahrheit den Menschen vor, und dieser Same kann nicht sterben. Ich habe erst vor kurzem von einem Menschen gehört, der durch eine Predigt zu Chri­stus geführt wurde, die ich vor 25 Jahren gehalten hatte. Ich höre fast jede Woche von Menschen, die zu Christus gebracht worden sind durch Predigten, die in Park­street, Exeterhall und in den Surrey-gardens gehalten wurden, und daran erkenne ich, dass Gott nicht ein ein­ziges treues Zeugnis zu Boden fallen lassen wird.

Fahrt fort, Brüder, fahrt fort, die Krüge mit Wasser zu füllen. Glaubt nicht, dass ihr zuviel tut, wenn ihr euer Äußerstes getan habt. Beginnt nicht, euch zu eurem bis­herigen Erfolg Glück zu wünschen.

Alles muss von Christus kommen, und es wird von Christus kommen. Geht nicht zur Gebetsstunde und sprecht: „Paulus mag pflanzen, Apollos mag begießen, aber... “ So lautet die Stelle nicht. Sie sagt gerade das Gegenteil und lautet so: „Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, Gott aber hat das Gedeihen gegeben.“ Das Gedeihen wird sicherlich von Gott gegeben, wo das Pflanzen und Begießen in rechter Weise geschieht. Die Diener füllten die Wasserkrüge, der Meister verwandel­te das Wasser in Wein.

Der Herr gebe uns Gnade, Seinem Gebot gehorsam zu sein, besonders dem Gebot: „Glaube und lebe!“ Mögen wir droben bei Seinem Hochzeitsfest Ihn sehen und von Ewigkeit zu Ewigkeit von dem neuen Wein mit Ihm trinken!

C.H.S.


Artikelreihe: Die Wasserkrüge zu Kana

Die Wasserkrüge zu Kana (3)


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