2009-08-19

Das Leben von Anthony Norris Groves

Skizzen aus dem Leben von A. N. Groves`

»Das christliche Motto sollte sein: Arbeite hart, verbrauche wenig, gib viel und alles für Christus!« Das sind Worte eines Mannes, von dem ein Historiker (Neatby) schreibt: »Groves’ schlichter Glaube, die Tiefe seiner Demut, die Energie und Reinheit seines Eifers, die Entschiedenheit und Größe seines Charakters habe einen bleibenden Platz in der Geschichte der Kirche Gottes.«

Bekehrung und früher Eifer für die Mission

A. N. Groves wurde 1795 in Newton, Hants, geboren. Schon als Junge war er der Meinung, dass jeder überzeugte Christ eigentlich ein Missionar sein sollte. Nachdem er zum Glauben an den Herrn Jesus gekommen war, fühlte er den dringenden Wunsch, mit seiner ganzen Zeit dem Herrn als Missionar zu dienen. Seine blühende Praxis, die er bereits als 21-jähriger Zahnarzt in Exeter besass, sollte ihm dabei kein Hinderungsgrund sein. Doch seine junge Frau, die erst vor kurzer Zeit zum Glauben gekommen war, konnte sich für die Missionspläne ihres Mannes nicht begeistern und wies jeden Gedanken daran zurück, so dass Groves von nun an schwieg und sein Anliegen Gott übergab.

Finanzielle Abhängigkeit

In der Zwischenzeit wurde dem Ehepaar durch das Bibel studium klar, dass sie einen Teil ihres Einkommens an Arme abgeben sollten. Zunächst waren es 10 %, später 25 % ihres Einkommens, und schließlich wurde ihnen deutlich, dass ihr ganzer Besitz und auch ihr Leben dem Herrn zur Verfügung stehen sollte, so dass sie ihren Lebensstandard drastisch einschränkten und kein Geld mehr sparten, um mehr für das Werk des Herrn geben zu können. Etwa im Jahr 1825 wurde auch Mary Groves bei ihren Verteilaktionen unter den Armen frei ihrem Mann zu folgen, wenn Gott ihn in die Missionsarbeit rufen würde.

Wenn Gott eigene Pläne durchkreuzt

Da es damals üblich war, in Verbindung mit einer Missionsgesellschaft auszureisen, begann Groves 1826 in Dublin mit dem Studium der Theologie, um die kirchliche Ordination zu bekommen. Während der Quartalsexamia logierte er zeitweise bei J. G. Bellett und lernte in seinem Haus auch J. N. Darby kennen, der sich damals in Dublin als junger Geistlicher der Anglikanischen Kirche von einem Unfall erholte. Im Hause Bellett wurde eifrig die Bibel studiert und man kam gemeinsam zu der Ueberzeugung, dass es schriftgemäß wäre, jeden Sonntag Brot zu brechen. Inzwischen bekam Groves auch Zweifel, ob es im Sinne des Herrn ist, für einen missionarischen Dienst die kirchliche Ordination anzustreben. Zwei Tage vor der Ordination erledigte sich die Frage von selbst, indem ein Einbrecher das Geld stahl, das Groves sich für die Reise zum Ort der Ordination zurückgelegt hatte.

Groves verzichtete nun auf jede Unterstützung von Kirche und Missionsgesellschaft und verabschiedete sich 1828 von seinen Freunden in Dublin mit den Worten: »Ich zweifle nicht daran, dass dies die Gedanken Gottes in Bezug auf uns sind: Wir sollten in aller Schlichtheit als Jünger Jesu zusammenkommen, nicht auf Kanzel oder Predigt warten, sondern darauf vertrauen, dass der Herr uns miteinander erbauen wird, indem Er aus unserer Mitte heraus dienen lässt, wie es Ihm gefällt und wie Er es für gut hält.«

Dienst und Leiden in Bagdad

Wenige Monate später reiste Groves mit seiner Familie nach Bagdad, um dort für den Herrn zu arbeiten. Zunächst widmete er sich dem Sprachstudium, behandelte aber auch Kranke, um Kontakt mit der Bevölkerung zu bekommen und gründete eine Schule. Doch schon im zweiten Jahr seines Dienstes wütete eine furchtbare Pest unter der Bevölkerung, so dass eine unvorstellbare Not herrschte und an manchen Tagen zweitausend Menschen starben. Dazu kam noch eine riesige Überschwemmung, so dass Groves damals schrieb: »Wir sind von der verheerendsten Pest und vernichtendsten Flut umgeben, es spielen sich Elendsszenen vor unseren Augen ab, die unsere Gefühle martern und für die wir keine Hilfe bringen können. Doch gerade auf diesem Schauplatz hat uns der Herr in Seiner unendlichen Gnade persönlich in Ruhe und Frieden erhalten, wir haben Zuflucht unter dem Schatten Seiner allmächtigen Flügel …« Schließlich erkrankte Mary Groves an der Pest. Angesichts des Todes äußerte sie: »Ich wundere mich über die Führungen des Herrn, aber nicht mehr als über den Frieden, den ich in diesen Umständen haben darf.«

Der hartgeprüfte Ehemann musste im Mai 1831 seine geliebte Frau begraben und kurze Zeit später folgte ihr auch das jüngste Kind, ein Mädchen. Auch Groves selbst wurde von der Pest angesteckt und rechnete mit seinem Heimgang. Doch er genas und durfte erleben, dass im folgenden Sommer einige langerwartete Freunde aus Eng land, Dr. Cronin mit Mutter und Tochter, John Parnell und F. W. Newman, eintrafen. Es folgte eine gesegnete Zeit der gemeinsamen Arbeit. Sie teilten allen Besitz gemeinsam und nahmen sich an freien Tagen viel Zeit zum Fasten, zu intensivem Bibelstudium und Gebet.

Dienst in Indien

Zwei Jahre später zog Groves mit seinen Söhnen und einigen Brüdern nach Bombay, um bis an sein Lebensende in Indien das Evangelium zu verkündigen und die Gläubigen zu erbauen.

Über seine Ziele und Methoden schrieb er: »Unsere häusliche Einrichtung soll ganz einfach und ganz billig sein, unser Arbeiten ganz nach dem Evangelium. Unsere große Aufgabe wird es sein, die üblen Schranken niederzureißen, die der Hochmut zwischen Eingeborenen und Europäern errichtet hat. Zu dem Zweck ist es wünschenswert, dass jeder Evangelist, wohin er auch gehen mag, zwei bis sechs eingeborene Bibelschüler mitnimmt, mit denen er auf seinen Reisen zusammen isst, trinkt und schläft, denen er, wenn er sitzt oder aufsteht, vom Reich Gottes spricht. So können sie in kurzer Zeit zum Dienst vorbereitet werden, in der Weise, wie unser geliebter Meister Seine Jünger zugerüstet hat, Schritt für Schritt, Regel um Regel, hier ein wenig und dort ein wenig, wie sie es fassen können. Und sie müssen vom Anfang bis zum Schluss fühlen, dass es nicht unsere Art ist, andere an eine Arbeit zu stellen, die wir selbst nicht verrichten, oder sie nach Grundsätzen handeln zu lassen, die wir selbst nicht einhalten, sondern dass wir lieber Vorbilder sind für alles, was wir bei unseren geliebten Brüdern sehen möchten.

Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass ich in Indien eine Gemeinde heranwachsen sehe, die ein kleines Heiligtum in den trüben und dunklen Tagen darstellt, welche über die Christenheit kommen.« 1835 heiratete Groves während eines England-Aufenthaltes ein zweites Mal und reiste - nachdem er mit seinem Freund und Schwager Georg Müller aus Bristol auch Deutschland besucht hatte - wieder nach Indien zurück. Dort ließ er sich zunächst in Madras nieder. Er hatte den Eindruck, dass es unter den damaligen Umständen für das Zeugnis der Christen besser war, dem Vorbild des Apostels Paulus zu folgen und für den eigenen Lebensunterhalt zu arbeiten. So nahm er dort seine Tätigkeit als Zahnarzt wieder auf, um in der übrigen Zeit das Evangelium zu verkündigen und die entstandenen Gemeinden zu besuchen.

Später befasste er sich auch mit Seidenraupenzucht und Zuckerrohranbau, um den Eingeborenen Arbeitsmöglichkeiten zu bieten und diejenigen, die im Werk des Herrn arbeiteten, unterstützen zu können. In diesen Jahren wuchs eine große Schar eingeborener Christen heran, die als Evangelisten in die verschiedenen Gebiete Indiens reisten, um dort nach biblischen Grundsätzen, im Vertrauen auf Gottes Verheißungen und ohne menschliche Absicherungen zu arbeiten und vielen Indern ein Wegweiser zu Christus waren.

Heimgang

Während eines Englandaufenthaltes 1853 erkrankte Groves und ging am 20.5. im Hause seines Freundes und Schwagers - Georg Müller - in Bristol, unter Schmerzen, aber in tiefem Frieden heim. Seine letzten Worte drücken treffend den Inhalt seines Lebens und Dienstes aus: »Kostbarer Jesus!«

Ein wertvolles Buch

Das Buch, „Das Glück eines abhängigen Lebens“ (Orig. Christian Devotedness) hat Groves im Jahr 1829, wenige Monate vor seiner Ausreise nach Bagdad, geschrieben. Nach den Grundsätzen, die er in Gottes Wort gefunden hat und die er in diesem Buch weitergibt, hat er selbst gelebt und damit wertvolle Glaubenserfahrungen gemacht.

Gelebter Glaube

Als im Jahr 1827 sein Schwiegervater starb und seine Frau einen großen Geldbetrag erbte, schrieb Groves einem Freund: »Der Tod meines Schwiegervaters vor etwa drei Wochen hat unseren Weg in mancher Hinsicht sehr erleichtert. Er hat aber auch etwas von jenem tödlichen Verderber des menschlichen Herzens, dem Geld, in unseren Weg gelegt, unter Umständen, die nicht in unserer Hand liegen. Bete für uns, damit wir mit jedem Heller dieses Geldes Ihn verherrlichen können.«

Diese Haltung des damals noch relativ jungen Mannes zeigt etwas von dem Vertrauen, das er zu seinem Herrn hatte und von dem Wunsch, allein von Ihm abhängig, korrigier- und lenkbar zu sein. Diese Glaubenshaltung und auch die vorliegende Schrift war damals für den jungen Georg Müller, dem späteren Waisenvater von Bristol, der Anstoß und die Herausforderung, seine große Lebensaufgabe allein im Vertrauen auf Gottes Verheißungen zu beginnen. Viele Christen sind damals durch das Vorbild und die Schriften Groves ermuntert worden, dem Wort Gottes als alleiniger Richtschnur für das Gemeindeleben und den Verheißungen Gottes als einziger Absicherung für ihren Missionsdienst zu vertrauen.

Gott gebe, dass die Glaubenserfahrungen dieses Mannes, den ein Biograf »Pionier und Heiliger« nannte, auch uns anspornt, vertrauensvoll die Hand unseres Vaters im Himmel zu ergreifen und Ihm Gelegenheit zu geben, uns in der Nachfolge Jesu Glaubenserfahrungen machen zu lassen.

A.M.


Artikelreihe: Biographies

Das Leben Hudson Taylors


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