2021-11-23

Christus als Gegenstand und Ziel in der Herrlichkeit

Christus - Gegenstand und Ziel in der Herrlichkeit

Jetzt fragen wir uns, wie denn die Schrift von Christus in den Herzen des Volkes Gottes klar und lesbar bleiben kann, sodass im Zusammenkommen des Volkes Gottes das Wesen Christi allen Menschen offenbar werden kann.

Die Beantwortung dieser Frage führt uns zu der dritten großen Wahrheit dieses Kapitels. Christus wird den Menschen nur offenbar gemacht werden, wenn der lebendige Christus in der Herrlichkeit unser Gegenstand und Ziel ist. So schreibt der Apostel: „Wir alle aber, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauend, werden verwandelt nach demselben Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit“ (Vers 18). Das Anschauen des Herrn in der Herrlichkeit hat eine verwandelnde Kraft. Diese verwandelnde Kraft steht allen Gläubigen zur Verfügung - den Jungen und den Alten. „Wir alle“, nicht nur: „wir Apostel“, werden durch das Anschauen der Herrlichkeit des Herrn „verwandelt nach demselben Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit.“

Diese Verwandlung wird weder durch unsere eigenen Anstrengungen, durch unser ermüdendes Bemühen, dem Herrn gleich zu werden, erreicht, noch durch den Versuch, treue Gläubige zu imitieren. Sie geschieht durch das Anschauen der Herrlichkeit des Herrn. Auf Seinem Angesicht ist keine Decke, und wenn wir Ihn betrachten, wird nicht nur jede Decke der Finsternis von unseren Herzen weichen, sondern wir werden moralisch zunehmend Ihm gleich werden - von Herrlichkeit zu Herrlichkeit. Der Blick auf den Herrn in der Herrlichkeit erhebt uns über all die Schwachheit und das Versagen, das wir in uns selbst sehen, und über alles Böse um uns her, und wir werden Seine Vollkommenheit erkennen und uns daran erfreuen, wie die Braut es im Hohenlied ausdrückt: „Ich habe mich mit Wonne in seinen Schatten gesetzt, und seine Frucht ist meinem Gaumen süß“ (Hld 2,3).

Im Verlauf des Briefes gibt uns der Apostel Kostproben dieser köstlichen Frucht. In Kapitel 5,14 finden wir, dass uns „die Liebe des Christus drängt.“ Die Liebe des Christus wird uns hier als das wahre Motiv für jeden Dienst vorgestellt, ob an Gläubigen oder an Sündern. Der größte Ausdruck dieser Liebe war Sein Tod. „Größere Liebe hat niemand als diese, dass jemand sein Leben lässt für seine Freunde“ (Joh 15,13). An anderer Stelle lesen wir: „Christus hat die Versammlung geliebt  und sich selbst für sie hingegeben“ (Eph 5,25). Angesichts einer solchen Liebe muss der Apostel sagen: „Damit die, die leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben ist und ist auferweckt worden.“ Wir sollten unsere Herzen im Licht dieser Schriftstelle hinsichtlich unserer Motive, die uns in all unserem Dienst leiten, gut überprüfen. Ist es die Liebe des Christus, die uns drängt, oder ist es Eigenliebe? Leben wir uns selbst, oder leben wir Ihm und sind, wie Er, bereit, uns selbst zu vergessen, um anderen in Liebe zu dienen? Jemand hat gesagt: „Ach, wie oft müssen wir uns selbst vorwerfen, dass unser Dienst nur die Erfüllung einer christlichen Pflicht ist, die zwar einem guten Vorsatz, aber nicht dem frischen Bewusstsein der Liebe des Christus in unseren Herzen entspringt“ (JND).

In 2. Korinther 8,9 kommen wir zu einer weiteren lieblichen Eigenschaft Christi. Dort lesen wir von der „Gnade unseres Herrn Jesus Christus.“ Der Apostel tritt für die armen jüdischen Gläubigen ein, indem er die reichen Korinther ermahnt, ihren Bedürfnissen zu begegnen. Sowohl in Vers 6 als auch in Vers 7 bezeichnet er das Geben als eine „Gnade“. Dann stellt er uns Christus als den vor, in dem wir ein hervorragendes Beispiel von der Gnade des Gebens haben. Er war reich, unvergleichlich reich, doch um unserer tiefen Not zu begegnen, gab Er nicht nur, sondern wurde arm. Er wurde um unsertwillen arm, damit wir durch Seine Armut reich würden. Durch die Menschwerdung wurde Er arm, die Krippe in Bethlehem und das ärmliche Haus in Nazareth zeugen davon, und auch das, was Er selbst in den Tagen Seines Dienstes sagte: „Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester; aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo er sein Haupt hinlege“ (Lk 9,58). Um eine arme gefallene Frau zu erreichen und um den schlimmsten Sündern der Erde die besten Geschenke des Himmels zu bringen, wurde Er ein armer, bedürftiger und einsamer Mann an einem Brunnen. Genau da, wo Er uns den Reichtum einer Quelle Wassers eröffnete, die ins ewige Leben quillt, wurde Er selbst so arm, dass Er um einen Trunk Wasser bitten musste. (Joh 4,7+14).

In 2. Korinther 10,1 finden wir dann weitere erfrischende Früchte, die das Leben Christi prägte. Zuerst lesen wir von der „Sanftmut des Christus“. Der Apostel korrigiert den Geist der Rivalität der unter den Gläubigen in Korinth gewirkt hatte, wodurch einige begabte Diener sich aneinander maßen und sich selbst empfehlen wollten. Deshalb wandelten sie im Fleisch, kämpften nach dem Fleisch, rühmten sich ihrer Gaben, redeten von sich selbst, rühmten sich ihrer Werke und setzten den Apostel herab. Um ihre Eitelkeit und Selbstbehauptung zu korrigieren, stellt er ihnen die Sanftmut des Christus vor, der nie auf Seinen Rechten bestand oder sich selbst verteidigte; der, gescholten, nicht widerschalt. Der Hohepriester mochte Ihn verleumden, „Jesus aber schwieg“ (Mt 26,63). Er wurde vor Pilatus falsch beschuldigt, doch „er antwortete ihm auch nicht auf einziges Wort“ (Mt 27,14). Herodes macht sich über Ihn lustig, „er aber antwortete ihm nichts“ (Lk 23,9). Wie gut, wenn auch wir angesichts von Verleumdungen und Kränkungen etwas von dem Geist des Herrn erfassen und eine Sanftmut zeigen können, die nicht auf dem eigenen Recht oder der eigenen Würde besteht und sich nicht selbst verteidigt.

Dann spricht der Apostel von der „Milde des Christus” - eine weitere liebliche Eigenschaft, die Er angesichts von Feindschaft immer offenbarte. Wenn wir dem Wort des Herrn gehorchen wollen und bei der Wahrheit bleiben wollen, werden sich schnell solche finden, die sich gegen uns stellen und Fragen aufwerfen, die zum Streit führen. „Ein Knecht des Herrn aber soll nicht streiten, sondern gegen alle milde sein, lehrfähig, duldsam“ (2. Tim 2,24). Die Milde des Christus spricht von der Art und Weise, wie Er gehandelt und geredet hat. Wie oft ist es bei uns so, dass, selbst wenn unsere Motive gut und die Grundsätze, für die wir eintreten, richtig sind, doch alles dadurch zerstört wird, dass es unserem Verhalten an der nötigen Gnade und Milde fehlt. Lasst uns die bemerkenswerten Worte des Psalmisten bedenken: „Deine Herablassung (o. Milde) machte mich groß“ (Ps 18,35). Unsere Vehemenz wird leicht zur Gewalt, durch die wir uns selbst in den Augen anderer erniedrigen, doch Milde wird uns groß machen. Gewalt wird mit Gewalt vergolten, aber Milde ist unwiderstehlich. „Die Frucht des Geistes aber ist … Freundlichkeit (o. Milde)“ (Gal 5,22).

Schließlich lesen wir in 2. Korinther 12,9 von der „Kraft des Christus”.  Der Apostel spricht von körperlichen Schwachheiten, Schmähungen, Nöten, Verfolgungen und Ängsten. Durch Erfahrung lernte er, dass alle diese Dinge für die „Kraft des Christus“ nur Gelegenheiten sind, sich zu offenbaren und den Gläubigen durch die Schwierigkeiten hindurch zu bewahren und ihn darüber zu erheben. Wir lernen also, dass, was immer die Schwierigkeit auch sein mag, Seine Gnade uns genügt und Seine Kraft in Schwachheit vollbracht wird.

So werden wir - unsere Blicke auf Christus in der Herrlichkeit gerichtet - von dem Apostel an die Vollkommenheiten  Christi erinnert, indem er uns

„die Liebe des Christus“,
„die Gnade unseres Herrn Jesus Christus“,
„die Sanftmut des Christus“,
„die Milde des Christus“
und
„die Kraft des Christus“ vorstellt.

Wenn wir auf Christus in der Herrlichkeit blicken und diese lieblichen moralischen Eigenschaften bewundern, die in Vollkommenheit bei Ihm zu sehen sind, erleben wir, dass Seine Frucht unserem Gaumen süß ist und, fast ohne es selbst zu merken, fangen wir an, etwas von Seinem schönen Wesen zu zeigen und werden so in Sein Bild verwandelt.

Der Heilige Geist schreibt also nicht nur Christus in unsere Herzen ein, wodurch wir Briefe Christi werden, sondern indem Er unsere Herzen mit Christus beschäftigt, verwandelt Er uns in Sein Bild und erhält damit das Geschriebene klar, damit es von allen Menschen gelesen werden kann.

Welch ein wunderbares Zeugnis wäre es, wenn die Welt in jeder kleinen Schar aus dem Volk Gottes die Liebe und Gnade und Sanftmut und Milde sehen könnte, und eine Kraft, die sie befähigt, sich über alle Umstände zu erheben.

Mögen wir tiefer als bisher erkennen, dass nach den Gedanken Gottes Sein Volk ein Brief Christi sein soll, der Christus allen Menschen offenbar macht, indem wir Christus in der Herrlichkeit als einzigen Gegenstand und einziges Ziel vor uns haben.

H.S.


Artikelreihe: Briefe Christi

Christus dargestellt vor allen Menschen


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