Den eigenen Charakter nicht zum Götzen machen
„Da fiel sie auf ihr Angesicht und beugte sich zur Erde nieder und sprach zu ihm: Warum habe ich Gnade gefunden in deinen Augen, dass du mich beachtest, da ich doch eine Ausländerin bin? Und Boas antwortete und sprach zu ihr: Es ist mir alles genau berichtet worden, was du an deiner Schwiegermutter getan hast nach dem Tod deines Mannes, und dass du deinen Vater und deine Mutter und das Land deiner Geburt verlassen hast und zu einem Volk gezogen bist, das du früher nicht kanntest.“ (Ruth 2,10.11)
Am lieblichen Beispiel Ruths, der Moabiterin, lernen wir die wichtige Lektion, dass der Herr, wenn unser Herz einfältig ist und unsere Augen auf Ihn gerichtet sind, wohl weiß, wie Er aus allem ein Zeugnis für Sich bereiten kann.
Wir machen leicht den Fehler, das Zeugnis zu unserem Gegenstand zu machen. Aber die wahre Kraftquelle und der Wert des Zeugnisses liegen darin, dass man sich vergisst und mit Christus beschäftigt ist.
Das wird uns hier so lieblich in dem Verhalten der Ruth vorgestellt. Nichts wird in all ihrem Verhalten offenkundiger, als dass sie den Pfad einfacher Pflichterfüllung ging.
Dies verlieh ihr eine erhabene Würde; denn ihr Pflichtgefühl war nicht nur mit der Liebe zu Noomi verknüpft, sondern in ihrem Geist auch mit der Herrlichkeit des wahren Gottes verbunden. Wenn sich diese beiden Tugenden vereinigen, wie gesegnet ist dann das Ergebnis!
Liebe in dem ihr eigenen Bereich der Beziehungen ist bewunderungswürdig; wenn sie aber ihre Quellen in Gott selbst hat und von Ihm geleitet wird, was für eine Realität ist sie dann in dieser Welt!
Das gewann das Herz des Boas, der schon ein gutes Zeugnis über sie vernommen hatte. Sie dachte wohl kaum daran, dass ihre Geschichte, die Geschichte eines armen und fremden Mädchens, vor den gebracht würde, den die Menschen den Herrn der Ernte nennen mochten - vor Boas, einen Mann, der offenbar einen bewundernswerten Charakter besaß, der eine hohe Stellung einnahm und dessen Ehre im Lande Israel unbefleckt war. Es war für diese Moabiterin sonderbar, zu hören, dass ein solcher Mann all das, was sie anging, kannte und wertschätzte.
Wie muss das ihr Herz mit Dankbarkeit gegen Gott erfüllt haben! Er, der ihr Herz befestigt hatte, gab ihr schon jetzt das Bewusstsein, dass es keine eitle Sache war, unter den Flügeln des Gottes Israels Zuflucht zu suchen.
Warum sollten wir je für uns selbst Sorge tragen? Wäre Ruth um ihre eigenen Dinge besorgt gewesen, sie hätte nie die kostbare Erfahrung machen können, dass sie alle auf wunderbare Weise geordnet und sicher waren.
Wie gründlich irren jene, die den Charakter zu ihrem Götzen machen! Gerade dadurch, dass sie mit sich selbst beschäftigt sind, erniedrigen sie ihn! Aber dass Ruth Gott vor Augen hatte, gab ihr solch ein sittliches Gewicht und solche Gnade.
Diese demütige Frau hatte nur das zu tun gesucht, was sie ihrer Schwiegermutter vor dem Herrn schuldig war, und sie hatte recht. Aber dachte ER jetzt nicht an sie, trug ER jetzt nicht Sorge, dass auch andere erführen, was Seine Gnade in dieser Moabiterin hatte wirken können?
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