Die Höhen und Tiefen des Lebens – Gedanken zum Jahreswechsel (3)
„Es ist ein Mann in deinem Königreich, in dem der Geist der heiligen Götter ist.“ (Daniel 5,11a)
Angesichts eines bevorstehenden Jahreswechsels kommt bei uns häufig Unruhe auf. Wir blicken in eine ungewisse Zukunft, in der sich viele tiefgreifende Veränderungen andeuten, die wir noch nicht überblicken können. Auch Daniels Leben war von Veränderungen gekennzeichnet. Von Geburt aus ein hoher Mann, kam er noch als Jugendlicher in Gefangenschaft.
Dann deutete er durch die Hilfe Gottes den Traum Nebukadnezars und wurde unmittelbar zu höchsten Höhen erhoben. Doch schon bald trat die nächste Veränderung ein und Daniel verschwand wieder von der Bildfläche.
Es wird uns nicht berichtet, wie sie kam, sondern nur dass sie kam (Dan 5,11-13). Offensichtlich verschwand Daniel über viele Jahre von der Bildfläche. Vielleicht geriet er nach dem Tod Nebukadnezars, der ihn schätzte, in Vergessenheit.
Wie dem auch sei, in den Tagen Belsazars lebte er völlig im Verborgenen. In jener Schicksalsnacht bei dem Fest Belsazars erinnerte sich die Königinmutter an ihn und seine von Gott gegebenen Fähigkeiten, doch die Worte, mit denen sie ihn beschreibt, beweisen, dass er dem König und seinen tausend Gewaltigen völlig unbekannt war.
Was für ein gewaltiges Kompliment für Daniel! Er hatte an dem ausschweifenden Lasterleben des verdorbenen Hofes Belsazars nicht teilgenommen. Wir sehen hier - Hochachtung, Daniel! - den gleichen Mann, wie in Daniel 1, entschieden getrennt vom Bösen.
Und noch mehr: Gerade in den letzten Jahren dieser dunklen Periode empfing er die ersten zwei jener wunderbaren Visionen, die ihm gewährt wurden. Sie sind in Daniel 7 und 8 aufgezeichnet. In dieser Zeit, die er in der Tiefe war, war er offensichtlich in enger Gemeinschaft mit dem Himmel.
In jener letzten Schreckensnacht blitzte Daniel wie ein Meteorit über den chaldäischen Himmel. Trotz des furchtbaren Inhalts seiner Botschaft und trotz seiner geringschätzigen Ablehnung der Geschenke Belsazars, wurde er mit Purpur und mit einer goldenen Kette bekleidet und als dritter Herrscher im Königreich ausgerufen. Er war erneut ganz oben.
Dies sollte jedoch, wie er selbst am besten wusste, nur ein paar Stunden währen. In dieser Nacht fiel Babel vor dem Heer Darius, Belsazar wurde getötet, und das chaldäische Imperium war nicht mehr. Als neu ernanntes Mitglied der chaldäischen Regierung fiel auch Daniel und verschwand damit erneut von der Bildfläche.
Zum dritten Mal wurde die Zeit der Niedrigkeit in der Welt eine Zeit großen Nutzens. Die ersten zwei Verse von Daniel 9 zeigen uns, dass Daniel diese erneute Zurückgezogenheit zum Studium der Schriften nutzte. Als er das Buch Jeremia aufmerksam las, kam er zu der Weissagung in Jeremia 29,10, dass die Trübsal Jerusalems auf siebzig Jahre begrenzt sei.
Die Entdeckung dieser unverhofften Gnade brachte ihn auf die Knie und in schmerzliches Bekenntnis und Gebet. War nicht das Gericht über die Macht, die Jerusalem überwältigt hatte, der Anbruch der Hoffnung? War nicht die Zeit des Weinens fast zu Ende? In seinem Gebet schwingen Hoffnung und Buße mit, und nur ein wirklich kaltes Herz kann es ohne innere Bewegung lesen.
Sein Gebet war das eines Gerechten, inbrünstig und wirkungsvoll, und wurde unmittelbar beantwortet. Noch bevor er richtig geendet hatte, erreichten ihn neue Offenbarungen, und so bekam Israel durch ihn die Weissagung über die „siebzig Wochen“, den Zeitplan ihrer Bestimmung, auf dem auch der genaue Zeitpunkt des Todes ihres großen Messias, unseres anbetungswürdigen Heilands, genau markiert war.
Vorheriger Artikel Nächster Artikel