Die verlorene Krone (1)
„Jeder aber, der kämpft, ist enthaltsam in allem; jene freilich, damit sie eine vergängliche Krone empfangen, wir aber eine unvergängliche“ (1. Kor 9,25)
Schon gleich zu Beginn meines Weges als Christ lernte ich einen jungen Mann kennen, der sehr für die Ehre Gottes eintrat und sich eifrig bemühte, Seelen den Weg zum Heil zu zeigen. Doch dann traten die Interessen seiner jungen Familie und seine Erfolge in der Welt als Geschäftsmann in den Vordergrund, und so erlahmte sein Interesse für die Dinge des Herrn mehr und mehr. Wenn diejenigen, mit denen er sich sonst immer versammelt hatte, die Stunden der Gemeinschaft in der Anbetung genossen oder sich über die göttlichen Dinge unterhielten, dann geschah es immer häufiger, dass er zu Hause blieb, hinter seinen Büchern und Rechnungen, oder auch um die Arbeit für den nächsten Tag schon einzuteilen.
So ging es mit ihm eine ganze Reihe Jahre, trotz mancher Warnungen seitens des Herrn. Auch seine Brüder versuchten, ihn zu ermuntern und zu ermahnen. Mit 40 Jahren wurde er lungenkrank, aber er steckte derart in seinem Geschäft, dass er sich erst dann von allem zurückzog, als er restlos erschöpft war. Da endlich kam ihm seine Sünde und seine Torheit zum Bewusstsein.
In seinen letzten Tagen war ich öfters bei ihm. Mehr als einmal rief er aus: Wie töricht und wie widerspenstig bin ich gewesen, dass ich Gott und Seine Interessen so vernachlässigt habe! Was ich als meine Pflicht meiner Familie gegenüber ansah, das habe ich vor die Gemeinschaft mit dem Volke Gottes gestellt! Obwohl mein Wandel, äußerlich betrachtet, einwandfrei war, sind doch diese ganzen Jahre verlorene Zeit, sie sind völlig verloren. Besser hätte ich diese Jahre gar nicht gelebt, weil ich sie ja doch nur für mich, nicht für den Herrn, verwendet habe.
Ich habe meine Interessen verfolgt, nicht die des Herrn Jesus. Ich werde vor Ihm beschämt werden bei Seiner Ankunft (1. Joh 2,28). Ich habe Ihn um die Freude gebracht, mir sagen zu können: „Wohl, du guter und treuer Knecht!" Wie könnte Er mir das sagen, wo ich doch so untreu gewesen bin? Ich weiß, dass Er mir vergeben hat, aber doch, welch ein Verlust für mich bei Seiner Rückkehr (Lk 19,15)! An jenem glückseligen Tage werde ich sehen, wie andere eine Krone empfangen, als Lohn für ihren treuen Dienst hier während ihres Lebens; ich habe dem gegenwärtigen Zeitlauf erlaubt, mir meine Krone zu nehmen.
Ich habe die Warnung des Herrn in Off 3,11 in den Wind geschlagen. Gewiss, ich bin dankbar, dass ich weiß, dass ich durch den Tod Christi errettet bin und dass ich bei der reich begnadigten Schar sein darf, die Seinen Thron in der Herrlichkeit umgeben wird und die dieses schöne neue Lied singen wird „Du bist würdig" (Off 5,9), aber wo wird die Belohnung sein für meine Treue dem Herrn gegenüber (Joh 12,26)? Ich werde keine erhalten. Ich habe meine Krone verloren. O wie konnte ich nur so töricht sein, die ewigen Dinge zu vernachlässigen wegen der Dinge dieser Welt, die vergehen, dieser Welt, die ich bald verlasse!
Ich habe den Herrn Jesus verunehrt, der mich mit dem Preis Seines eigenen Blutes erkauft hat. Wie anders war der Lauf des Apostels Paulus! Er sagte: „Ja, wahrlich, ich achte auch alles für Verlust, wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, um dessentwillen ich alles eingebüßt habe und es für Dreck achte, auf dass ich Christum gewinne" (Phil 3,8)! Ja, davon war bei mir nichts zu sehen.
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