Ein Herz für die Verlorenen?
„Denn die Liebe des Christus drängt uns.“ (2. Kor 5,14)
„Aber ein gewisser Samariter, der auf der Reise war, kam zu ihm hin; und als er ihn sah, wurde er innerlich bewegt; und er trat hinzu … und trug Sorge für ihn.“ (Lk 10,33.34)
„Während aber Paulus sie in Athen erwartete, wurde sein Geist in ihm erregt, da er die Stadt voll von Götzenbildern sah.“ (Apg 17,16)
„Christus waren die Sünder wichtig genug, um für sie zu sterben. Sind sie uns wichtig genug, um für sie zu leben?“ (unbekannt)
Du wirst mit mir übereinstimmen, dass in der Regel bei unseren öffentlichen Verkündigungen etwas fehlt. Besteht nicht ein Mangel an jenem tiefen, liebenden und persönlichen Interesse an den Seelen, das sich auf tausenderlei Weisen zeigt und kraftvoll auf die Herzen einwirkt? Ich bekenne, dass es mich oft geschmerzt hat, was ich in unseren Versammlungsräumen beobachten musste. Fremde kommen herein, und man lässt sie suchen, bis sie einen freien Platz finden. Niemand scheint sie zu beachten. Christen sind da, doch sie rücken kaum zur Seite, um ihnen Platz zu machen. Niemand reicht ihnen eine Bibel oder ein Liederbuch. Und wenn die Wortverkündigung vorüber ist, dann lässt man sie gehen, wie sie gekommen sind; keine warmherzige Frage, ob sie an der Verkündigung der Wahrheit Freude hatten, nicht einmal ein freundlicher Blick, der Vertrauen wecken und zu einem Gespräch einladen könnte. Ganz im Gegenteil, man findet kühle Zurückhaltung, die fast abstoßend wirkt. [...]
Und ich bin überzeugt, dass viel davon vermieden werden könnte, wenn die Christen, die Evangelisationen beiwohnen, mehr auf Suche nach Seelen wären; wenn sie nicht so sehr auf ihren eigenen Nutzen aus wären als vielmehr darauf, Gottes Mitarbeiter zu sein und Seelen zum Herrn Jesus zu führen. Zweifellos ist es etwas sehr Erfrischendes für Christen, eine vollmächtige und wahrheitsgetreue Verkündigung des Evangeliums zu hören, aber es wäre nicht weniger erfrischend, wenn sie dabei ein starkes Interesse an der Bekehrung von Seelen hätten und in dieser Sache ernstlich zu Gott beten würden. Überdies könnte es in keiner Weise ihre persönliche Freude und ihren Nutzen beeinträchtigen, wenn sie ein lebhaftes, liebendes Interesse an denen zeigten, die um sie herumsitzen, und wenn sie am Ende der Zusammenkunft versuchten, irgendjemandem zu helfen, der Hilfe wünscht oder braucht.
Es hat eine erstaunliche Wirkung auf den Prediger, auf die Predigt und auf die ganze Zusammenkunft, wenn die anwesenden Christen ihre heilige und hohe Verantwortung Christus und den Seelen gegenüber wahrnehmen. Dadurch wird ein gewisser Ton erzeugt und eine bestimmte Atmosphäre geschaffen, die empfunden werden muss, um verstanden zu werden. Wenn man sie aber einmal empfunden hat, möchte man sie nicht mehr missen.
Doch wie oft ist es leider ganz anders! Wie kalt, wie stumpf und wie niederdrückend mutet es manchmal an, die ganze Versammlung gleich nach dem Ende der Predigt auseinanderlaufen zu sehen! Keine Gruppen von Gläubigen, die sich freundlich um Jungbekehrte oder ängstlich Fragende scharen. Christen mit viel Erfahrung waren da; aber statt dass sie noch stehen blieben in der freudigen Erwartung, dass Gott sie in seiner Gnade gebrauchen könnte, um einem Bekümmerten ein Wort zur rechten Zeit mitzugeben, stürzen sie hinaus, als sei es eine Sache von Leben und Tod, zu einer bestimmten Zeit zu Hause zu sein.
Nun denke nur nicht, mein lieber A., ich wolle meinen Geschwistern Vorschriften machen. Das liegt mir fern. Ich bin nur dabei, die Gedanken meines Herzens mit der größten Freimütigkeit vor einem Bruder auszuschütten, mit dem ich seit vielen Jahren im Werk des Evangeliums verbunden bin. Ich glaube, es fehlt uns etwas. Ich bin fest überzeugt, dass ein Christ nicht die richtige Stellung einnimmt, wenn er nicht irgendwie bestrebt ist, Seelen zu Christus zu führen. Und ebenso ist eine Versammlung von Christen in keinem gesunden Zustand, wenn ihr das Evangelium nicht wirklich am Herzen liegt. Wir alle sollten nach Seelen Ausschau halten; und dann dürfen wir auch gewiss sein, herzergreifende Resultate zu sehen.
„Wenn ein Mann einmal Liebe zu den verlorenen Sündern und zu seinem Meister empfindet, wird das Retten von Seelen eine Leidenschaft werden, die alles andere in den Schatten stellt. Es wird ihn so mitreißen, dass er beim Retten anderer beinahe sich selbst vergessen wird. Er wird wie der mutige Feuerwehrmann sein, der sich nicht an der sengenden Hitze stört, nur um das arme Geschöpf zu retten, auf das er sein Herz in wahrer Menschlichkeit gerichtet hat. Ich erinnere mich, dass beim Predigen meine ganze Seele solch unfassbaren Schmerz wegen der [verlorenen] Menschen litt, dass jede Faser meines Körpers zum Zerreißen gespannt war und sich mein ganzes Sein in Weinen hätte auflösen mögen und meine Gestalt in Tränenfluten zergangen wäre, wenn ich nur imstande gewesen wäre, Seelen zu gewinnen.“ (Charles H. Spurgeon, 1834-1892)
„Die Liebe ist die wichtigste Eigenschaft, die ein Missionar aufweisen muss, den Gott gebraucht. Wenn du nicht diese aufrichtige Liebe zu den Menschen besitzt, zu denen du als Missionar gerufen worden bist [ob im Inland oder Ausland], dann solltest du besser die Finger davon lassen und nach Hause fahren.“ (unbekannt)
Impulse zur Selbstreflexion:
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Hast du ein Herz für die Verlorenen?
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Bist du dir bewusst, dass der Herr ein Herz für dich hat?
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Was empfindest du, wenn jemand ein Traktat oder ein Gespräch ablehnt - ein Gefühl der Erleichterung oder der Trauer?
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Bewegt dein ungläubiger Mitmensch am Arbeitsplatz/in der Nachbarschaft/in der Schule etwas in deinem Herzen?
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Bete dafür, dass der Herr Jesus dein Herz mit mehr Liebe für Verlorene füllt!
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