Machst du dich schuldig?
„Wenn ich zum Gottlosen spreche: Du musst sterben!, und du warnst ihn nicht und redest nicht, um den Gottlosen vor seinem gottlosen Weg zu warnen, um ihn am Leben zu erhalten, so wird er, der Gottlose, wegen seiner Ungerechtigkeit sterben, aber sein Blut werde ich von deiner Hand fordern.“ (Hesekiel 3,18)
Hudson Taylor, lange Missionar in China, berichtete einmal folgende bewegende Geschichte: „Ich ging in die Kajüte des Bootes, als ich plötzlich durch ein Platschen und einen Schrei von außen aufgeschreckt wurde. Ich sprang an Deck und erfasste die Situation mit einem Blick. Peter war weg!
Die anderen Männer waren alle an Bord und schauten hilflos auf die Stelle, an der er verschwunden war, machten aber keine Anstalten, ihn zu retten. Ein starker Wind trieb die Dschunke trotz einer stetigen Gegenströmung schnell vorwärts. Ich ließ sofort das Segel herunter und sprang über Bord, in der Hoffnung, ihn zu finden.
Erfolglos sah ich mich in quälender Spannung um und erblickte in meiner Nähe ein Fischerboot mit einem eigentümlichen Schleppnetz mit Haken, von dem ich wusste, dass es Peter an die Oberfläche bringen könnte.
‚Kommt!‘ rief ich, als die Hoffnung in meinem Herzen wieder auflebte. ‚Komm und zieh sofort über diese Stelle; ein Mann ertrinkt gerade hier!‘ ‚Veh bin!‘ (‚Ungerne‘), war die gefühllose Antwort. ‚Reden Sie nicht von Bequemlichkeit’, rief ich gequält, ‚ein Mann ertrinkt, sage ich Ihnen!‘
‚Wir sind mit Fischen beschäftigt‘, antworteten sie, ‚und können nicht kommen.‘ ‚Macht euch nichts aus dem Fischen‘, sagte ich, ‚ich werde euch mehr Geld geben, als so mancher Tag Fischfang einbringt; kommt nur - kommt sofort!‘
‚Wie viel Geld werden Sie uns geben?‘ ‚Darüber können wir jetzt nicht mehr diskutieren! Kommt, sonst wird es zu spät sein. Ich gebe euch fünf Dollar!‘ ‚Dafür werden wir es nicht tun‘, antworteten die Männer. ‚Gebt uns zwanzig Dollar, und wir werden ziehen.‘
‚So viel besitze ich nicht. Kommt schnell, und ich gebe euch alles, was ich habe!‘ ‚Wie viel mag das sein?‘ ‚Ich weiß es nicht genau, etwa vierzehn Dollar.‘
Endlich, aber auch dann noch langsam genug, wurde das Boot herübergepaddelt und das Netz zu Wasser gelassen. Es dauerte weniger als eine Minute, bis die Leiche des Vermissten geborgen war. Die Fischer entrüsteten sich lautstark, weil ihre exorbitante Forderung nicht direkt erfüllt werden konnte, während Wiederbelebungsversuche unternommen wurden. Aber alles war vergeblich - das Leben war erloschen.
Für mich selbst war dieser Vorfall zutiefst traurig und bedeutungsvoll, denn er deutete auf eine weitaus traurigere Realität hin. Waren nicht gerade diese Fischer schuldig am Tod dieses armen Chinesen, da sie die Mittel zu seiner Rettung zur Hand hatten, wenn sie sie nur benutzt hätten? Zweifellos waren sie schuldig.
Und doch sollten wir innehalten, bevor wir ein Urteil über sie fällen, damit nicht ein Größerer als Nathan antwortet: ‚Du bist der Mann.‘ Ist es so hartherzig, so verwerflich, die Rettung des Körpers zu vernachlässigen? Wie viel härterer Strafe ist dann der würdig, der die Seele dem Verderben überlässt und wie Kain sagt: ‚Bin ich meines Bruders Hüter?‘
Der Herr Jesus befiehlt, befiehlt mir, befiehlt dir, mein Bruder, und dir, meine Schwester. ‚Geht‘, sagt Er, ‚geht in die ganze Welt und predigt das Evangelium jeder Kreatur.‘ Sollen wir zu Ihm sagen: ‚Nein, das ist nicht angebracht‘?
Sollen wir Ihm sagen, dass wir ein Stück Land gekauft haben und nicht gehen können? Dass wir fünf Joch Ochsen gekauft oder geheiratet haben oder anderen, interessanteren Beschäftigungen nachgehen, und nicht gehen können? Bald ‚müssen wir alle vor dem Richterstuhl Christi erscheinen, damit ein jeder empfange, was er an seinem Leib getan hat‘.
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