Nur ein kleines Traktat? (1)
„Ist mein Wort nicht … wie ein Hammer, der Felsen zerschmettert?“ (Jer 23,29)
„Lasst uns nicht über diese Welt gleiten und dann unbemerkt in den Himmel schlüpfen, ohne die Trompete laut und lang für unseren Erretter Jesus Christus geblasen zu haben. Möge es so sein, dass der Teufel frohlockt, wenn er die Neuigkeiten erfährt, dass wir das Schlachtfeld verlassen haben.“ (Charles T. Studd, 1860-1931)
Das Verteilen von Traktaten wird manchmal leider etwas stiefmütterlich behandelt: ganz nett, Anfängerdienst, aber mehr nicht. In Wahrheit ist ein Traktat etwas sehr Wertvolles: ein Stück Papier mit einer Botschaft des großen Gottes, die jedes Herz wie einen Felsen zertrümmern kann (Jer 23,29). Unzählige sind bisher durch diesen Dienst zum Glauben gekommen.
Deshalb empfiehlt Charles H. Spurgeon auch: „Wenn keine Möglichkeit zu predigen oder zu einem persönlichen Gespräch besteht, solltest du ein Traktat bereithalten. […] Besorge dir gute, zündende Traktate. Ein bewegendes evangelistisches Traktat kann der Same für ewiges Leben sein. Geh deshalb nicht ohne ein Traktat nach draußen.“
Erscheint dir dieser Dienst dennoch etwas klein? Bist du entmutigt, „nur“ Traktate verteilen zu können? Fühlt es sich beinahe sinnlos an, die Briefkästen deines Wohnortes mit Traktaten zu füllen?
Folgende Geschichte des Mannes von der George Street in Sydney, Mr. Genor, ist eine große Ermunterung:
Das Wort Gottes auszusäen ist eine großartige und wichtige Sache im Reiche Gottes. In Sydney lebte ein alter Mann, der hatte sich eine besondere Art des Säens ausgedacht: Er gab in einem Geschäftsviertel immer wieder Traktate weiter. Dabei stellte er jedes Mal die gleiche Frage: Wenn Sie in dieser Nacht sterben werden, sind Sie dann im Himmel? Die Leute nahmen das Traktat im Vorübergehen und die meisten von ihnen steckten es in die Jackentasche. Manche lasen es später in Ruhe.
Einer von ihnen, ein junger Mann, las es auf dem Rückflug von Sydney nach London. Am folgenden Sonntag besuchte er den Gottesdienst einer Londoner Baptistengemeinde. Gegen Ende des Gottesdienstes meldete er sich beim Pastor und berichtete ihm: „Letzte Woche drückte mir in Sydney ein alter Mann ein Traktat in die Hand. Dabei fragte er mich, ob ich in den Himmel käme, wenn ich in der Nacht sterben würde. Diese Frage ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Gleich am nächsten Tag nach meiner Ankunft hier in London besuchte ich einen Freund, von dem ich wusste, dass er Christ ist. Dieser erklärte mir den Weg zum Himmel. So bin ich Christ geworden.“
Diese Geschichte beeindruckte den Pastor. Einige Zeit später nahm er an einer Missionskonferenz teil, die in der Karibik stattfand. Er hatte dort einen Vortrag zu halten und baute in seine Predigt auch die Geschichte des jungen Mannes ein. Im Anschluss an die Predigt kamen drei Missionare auf ihn zu und erklärten aufgeregt: „Den alten Mann kennen wir! Bei einem Besuch in Sydney bekamen auch wir dieses Traktat und kamen dadurch ins Nachdenken. Wir kamen zum Glauben an Jesus und wurden Missionare.“
Anschließend hatte der Pastor in Indien zu tun, und in seinen Vorträgen erzählte er wiederum die Geschichte und auch, was die drei Missionare ihm berichtet hatten. Nach dem Vortrag kam ein Inder auf ihn zu und sagte: „Ich war Angestellter bei der Regierung und hatte dienstlich in Sydney zu tun. Und da reichte mir dort in der George Street ein älterer Mann ein Traktat und gab mir die Frage mit: ‚Wenn Sie in dieser Nacht sterben, werden Sie dann im Himmel sein?‘ Diese Frage ließ mich nicht mehr los. Als ich zurück in Indien war, ging ich zu den Leuten in der Missionsstation am Ende meiner Straße. Diese beteten mit mir, ich bekehrte mich und wurde später Missionar. Das ist meine Geschichte.“
Im Laufe der Zeit begegnete der Pastor immer wieder Menschen, die durch den Mann aus Sydney zum Glauben an Jesus Christus gefunden hatten.
Nach Jahren hatte der Pastor selbst in Sydney zu tun. Nun wollte er den alten Mann unbedingt selbst einmal kennenlernen. Ein anderer Pastor zeigte ihm, wo er wohnte. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg. Ein alter, gebrechlicher Mann öffnete ihnen die Tür. Er bot ihnen auf dem alten, verschlissenen Sofa einen Platz an und sah sie erwartungsvoll an.
Der Pastor aus London begann: „Ich habe gehört, dass Sie diese Traktate verteilen. Haben Sie jemals in ihrem Leben gehört, dass sich dadurch Menschen bekehrt haben?“ Sein Gegenüber lächelte: „Nein, niemals. Ich habe sie weitergegeben, habe eine Frage gestellt und dann nie wieder etwas von den Leuten gehört.“
Der Pastor erwiderte: „Ich bin in der Welt herumgereist und habe viele Vorträge gehalten und immer wieder bin ich auf Menschen gestoßen, die durch Ihren Dienst zum Glauben gekommen sind. Etliche sind sogar zu Missionaren geworden.“
Der alte Mann schaute ihn mit feuchten Augen unverwandt an. Dann erzählte er, wie er dazu gekommen war, auf diese Weise zu missionieren: „Als junger Mann war ich ein ganz ‚harter Hund‘, wie man so schön sagt. Dann kam ich zum Glauben. Das veränderte mein Leben total. Ich war und bin Gott so dankbar, dass ich nicht in die Hölle muss, sondern weiß, ich komme in den Himmel. Aus dieser Dankbarkeit heraus versprach ich Gott, jeden Tag zehn Menschen von Ihm zu erzählen oder ein Traktat weiterzugeben. Und das habe ich auch eingehalten, 40 Jahre lang.“
Und heute, nach so langer Zeit, erfuhr er zum ersten Mal von der Frucht seines Tuns. Dieser Mann wird einen großen Empfang im Himmel haben. Niemand sonst kannte ihn. Von ihm wurde nie in irgendeiner christlichen Zeitschrift berichtet, er trat nie im Fernsehen oder auf YouTube auf, er tat diesen Dienst dort in aller Stille. Aber er tat ihn.
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