Treue Christen im Mittelalter
“Euch aber sage ich, den Übrigen, die in Thyatira sind, so viele diese Lehre nicht haben, die die Tiefen des Satans, wie sie sagen, nicht erkannt haben: Ich werfe keine andere Last auf euch; doch was ihr habt, haltet fest, bis ich komme” (Offb 2,24).
Wie haben die Trübsale, Leiden, Mühsale und die Aufopferung jener gehetzten, aber treu ausharrenden Zeugen des finsteren Mittelalters denkende Christen aller Zeiten beschäftigt! Nirgends findet sich vielleicht ein Bericht von tieferem Interesse, nirgends größeres und unermüdlicheres Ausharren, nirgends aufrichtigere oder auch nur ebenso aufrichtige Herzen gegenüber der Wahrheit, gegenüber Christus und diese Treue zu Ihm angesichts einer verderbten Kirche wie bei den Heiligen des Mittelalters.
Sie gingen durch Mühsale und Plagen, Verfolgungen und Strafen seitens eines Systems, das die heidnischen Verfolgungen, so grausam diese auch eine Zeitlang geführt wurden, weit übertrafen durch ihre Beharrlichkeit und weitaus bessere Organisation. Sie empfingen keine neuen Wunder-Offenbarungen, wurden nicht gestützt durch eine öffentliche Körperschaft oder durch das Bekenntnis der Gesamtkirche, die sie durch eine umfassende Anerkennung hätte decken und ihnen Zuversicht vermitteln können. Mit jedem Schimpfnamen belegt, den das Volk oder die Priester zu ihrer Verfolgung ersinnen konnten, gingen sie in göttlich gewirkter Standhaftigkeit ihren eingeengten, aber von ihnen nie aufgegebenen Pfad. Sie hielten fest an dem Zeugnis Gottes und an der Verheißung, dass die Pforten des Hades die Versammlung nicht überwältigen würden - und zwar auf Kosten ihrer Ruhe, ihrer Heimat, ihres Lebens und alles dessen, was die Erde bieten kann und was der Mensch von Natur aus schätzt.
Doch Christus hatte ihren Weg vorausgesehen und hatte sie nicht vergessen. Sie mögen mit Schwachheit behaftet gewesen sein, und viele ihrer Gedanken waren von Unwissenheit gekennzeichnet. Satan mag versucht haben, das Gute mit dem Bösen zu vermengen und dabei manchmal erfolgreich gewesen sein.
Menschen unserer Tage, die heute keinerlei Drangsal mehr zu bestehen haben, gefallen sich darin, schwache Stellen und Irrtümer in dem Leben jener Heiligen zu finden, manchmal auch mit Erfolg. Doch ihr Lebenslauf ist im Himmel aufgezeichnet, und das Lob ihres Erlösers wird einst hell hervorleuchten, wenn die Bücher jener in Bequemlichkeit lebenden Kritiker ihres Wandels zu Staub zerfallen und zum Mottenfraß geworden sind. Wenn manche von ihnen droben einst vielleicht jenen Heiligen begegnen werden, die sie hier verachtet haben, wird ihr Angesicht wohl von Scham bedeckt werden, soweit dies dort noch möglich sein wird. Was der Herr in jenen Heiligen fand und anerkannte, zählte in der Kirche für die Menschen zu jener Zeit überhaupt nicht, ebenso wenig wie für viele kluge Leute unserer Tage. Für Christus aber war es von hohem Wert.
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