Bedarf und Bedürfnis
„Ist nicht aber wie die Übertretung, so auch die Gnadengabe.“ (Römer 5,15)
Wir kennen wahrscheinlich alle den Spruch, dass jemand „einem Eskimo einen Kühlschrank verkaufen kann“. Damit beschreibt man die Fähigkeit, jemandem etwas zu verkaufen, was er in Wirklichkeit gar nicht braucht. Ein Eskimo hat aufgrund der niedrigen Umgebungstemperatur kein Bedürfnis, seine Lebensmittel zusätzlich zu kühlen und daher hat er auch keinen Bedarf, einen Kühlschrank anzuschaffen. Gott sei Dank verhält es sich mit dem Evangelium anders!
Lasst uns einen Blick darauf werfen, was wir davon lernen können. Ein „Bedürfnis“ ist ein empfundener Mangel und ein „Bedarf“ ist das konkrete Begehren, den Mangel mit einer passenden Lösung zu beheben. Wenn du Durst hast, wirst du dir etwas zu trinken besorgen. Du hast Flüssigkeitsmangel und hältst Ausschau nach einer Flasche Wasser. Wenn wir im Evangelium auf Menschen treffen, sind wir gut beraten, dieses Prinzip zu kennen.
Aus dem Römerbrief wissen wir: „Denn es ist kein Unterschied, denn alle haben gesündigt und erreichen nicht die {ermangeln der} Herrlichkeit Gottes“ (Röm 3,23). Gott beschreibt uns hier den Mangel aller Menschen. Er lässt uns auch in sein Herz hineinschauen und wir lesen, dass „er nicht will, dass irgendwelche verloren gehen, sondern dass alle zur Buße kommen“ (2. Pet 3,9). Er will, „dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn Gott ist einer, und einer ist Mittler zwischen Gott und Menschen, der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gab als Lösegeld für alle“ (1. Tim 2,4-6).
Wir Menschen sitzen von Geburt an alle im gleichen Boot. Wir haben alle gesündigt, haben alle eine sündige Natur, haben alle den gerechten Zorn Gottes über die Sünde verdient, können uns alle nicht selbst helfen und sind alle auf externe Hilfe angewiesen.
Um unserem Mangel zu entsprechen, hat der Herr Jesus sich selbst gegeben als Lösegeld für alle. Wie die Übertretung, so auch die Gnadengabe, die genau für unseren Mangel passend zugeschnitten ist. So traurig und düster der Hintergrund der Sünde auch ist, schwingt hier doch eine sehr motivierende Komponente mit. Egal, welche Menschen wir treffen: Sie brauchen alle den Heiland! Manch ein Staubsaugervertreter wird beim „Klinkenputzen“ an der Haustüre weggeschickt, da in diesem Haushalt gerade erst ein neuer Staubsauger angeschafft wurde. Leider zu spät! Hier wird kein Mangel empfunden! [...]
Beim Evangelium ist das anders, da wir wissen dürfen, dass bei jedem Menschen ein Mangel gegeben ist. Wir treffen ausschließlich Leute, die es brauchen - auch wenn ihnen das selbst nicht bewusst ist. Klasse, oder? In Gesprächen merken wir aber dann teilweise schnell, dass die Menschen kein Bedürfnis danach haben, gerettet zu werden. Sie brauchen den Heiland, das ist sicher, aber sie empfinden keinen Mangel. „Danke, aber ich bin nicht so gläubig“ oder „nach dem Tod ist eh alles aus“ sind Parolen, die man zu hören bekommt. Man gibt uns deutlich zu verstehen: „Kein Interesse!“ - und wir senken schnell entmutigt den Kopf. Aber solche Reaktionen sind (leider) normal, denn „da ist keiner, der Gott sucht“ (Röm 3,11). Gott allein kann die Menschen auf ihren Mangel hinweisen und infolgedessen ein Bedürfnis wecken. Der Herr Jesus sagt: „Niemand kann zu mir kommen, wenn der Vater, der mich gesandt hat, ihn nicht zieht“ (Joh 6,44). Allein die Güte Gottes leitet einen Menschen zur Buße (Röm 2,4).
Aber was tun, wenn wir in einem Gespräch unterschiedliche Situationen hinsichtlich des Bedürfnisses antreffen? Wir sind nur dazu berufen, die Botschaft des Evangeliums weiterzugeben, ob man ihr glaubt, ist allein Gottes Sache. Aber die Bibel zeigt uns verschiedene Möglichkeiten, wie eine solche Gesprächssituation aussehen kann. [...]
Häufiger treffen wir aber Menschen, die zwar natürlicherweise Mangel, aber kein Bedürfnis haben. Wenn wir einen solchen Austausch manchmal als zäh oder unnütz empfinden, sollten wir uns nicht täuschen. Der Herr benutzt immer wieder gerade solche Gespräche, um ein Bedürfnis zu wecken. Ob das im Gesprächsverlauf passiert oder erst später, liegt allein in Seiner Hand. Wir mögen das gar nicht mitbekommen, aber das Wort Gottes kehrt eben nicht leer zurück, sondern „richtet aus, wozu Gott es gesandt hat“ (Jes 55,11). [...] Lasst uns damit rechnen, dass der Herr das verkündigte Wort nutzt, um einen Menschen auf seinen Mangel aufmerksam zu machen und auch ein Bedürfnis zu wecken.
„Erfolgreiche Evangelisation besteht nicht nur aus der Ernte, sondern auch aus Saat und Bewässern. Wir sollten nie denken, dass unsere Verkündigung ein Fehlschlag war, nur weil sich der Ungläubige nicht direkt bekehrt hat. Eine Begegnung ist nie das Ende der Geschichte.“ (William Lane Craig, geb. 1949)
[...]
Ganz egal, welche Herzenssituation wir in einem Gespräch vorfinden: Alle Menschen haben einen großen Mangel - alle brauchen den Heiland. Also sagen wir es ihnen und überlassen die Reaktion getrost unserem Gott.
Impulse zur Selbstreflexion:
-
Bist du dir wirklich bewusst, dass jeder Mensch, den du siehst, das Evangelium braucht?
-
Wie bist du bisher damit umgegangen, wenn jemand das Evangelium ablehnt?
-
Welche Bibelverse könntest du anführen, damit ein Bedürfnis nach Errettung entsteht?
-
Bitte Gott, deinem Gesprächspartner seinen Bedarf bewusst zu machen, damit ein Bedürfnis entsteht!
Vorheriger Artikel Nächster Artikel