Bedingungen der Jüngerschaft
Lk. 14,26: „So jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern, auch dazu sein eigen Leben, der kann nicht mein Jünger sein ... Also auch ein jeglicher unter euch, der nicht absagt allem, was er hat, kann nicht mein Jünger sein.“
Mt. 16,24: „Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir“
Joh. 13,35: „Dabei wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habt.“
Joh. 8,31: „So ihr bleiben werdet an meiner Rede, so seid ihr meine rechten Jünger.“
Wahres Christentum ist völlige Hingabe an den Herrn Jesus Christus.
Der Heiland sucht nicht nach Männern und Frauen, die ihm ihre freien Abende — oder das Wochenende — oder die Jahre ihres Ruhestandes widmen möchten. Nein, Er sucht solche, die Ihm den ersten Platz in ihrem Leben einräumen wollen.
"Er schaut heute noch — wie Er das schon immer getan hat — nicht nach den Massen, die in Seinem Kielwasser dahintreiben, sondern nach einzelnen Männern und Frauen, deren nicht sterbende Hingabe daher rührt, dass sie erkannt haben, dass Er solche braucht, die bereit sind, den Weg der Selbstverleugnung zu gehen, den Er ihnen voranging" (H.A. Evan Hopkins).
Nichts Geringeres als bedingungslose Hingabe kann jemals die richtige Antwort auf Sein Opfer auf Golgatha sein. Eine solche überwältigende, göttliche Liebe kann niemals mit weniger als unserer Seele, unserem ganzen Leben, allem was wir sind und haben, zufrieden sein.
Der Herr Jesus stellte hohe Anforderungen an die, die Seine Jünger sein wollten — Ansprüche, die in unserem heutigen bequemen Leben weitgehend übersehen werden. Viel zu oft betrachten wir unser Christsein nur als ein Entrinnen vor der Hölle und eine Garantie für den Himmel. Darüber hinaus meinen wir außerdem, wir hätten das gute Recht, alles, was dieses Leben uns an Gutem bietet, zu genießen. Wir wissen es wohl, dass es in der Bibel deutliche Verse über die Jüngerschaft gibt, aber es fällt uns so schwer, sie mit unseren eigenen Vorstellungen über das, was Christsein eigentlich sein sollte, zu verbinden.
Wir finden es durchaus in Ordnung, dass Soldaten ihr Leben aus vaterländischen Gründen dahingehen. Es befremdet uns nicht weiter, dass Kommunisten ihr Leben aus politischen Gründen lassen, aber dass "Blut, Schweiß und Tränen" das Leben eines Christusnachfolgers kennzeichnen, erscheint uns irgendwie fernliegend und schwer fassbar.
Und doch sind die Worte Jesu klar genug. Es ist kaum möglich, sie misszuverstehen, wenn wir sie in ihrem vollen Wortlaut annehmen. Hier sind einige Bedingungen, wie sie uns vom Heiland der Welt dargelegt wurden:
1. Alles übersteigende Liebe zu Jesus Christus
„So jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern, auch dazu sein eigenes Leben, der kann nicht mein Jünger sein“ (Lk 14,26).
Das bedeutet nicht, dass wir Abneigung oder böse Absichten gegenüber unseren Verwandten im Herzen tragen sollen, sondern es bedeutet, dass unsere Liebe zu Christus so groß sein soll, dass jede andere Liebe im Vergleich dazu nichts ist. Der schwerwiegendste Punkt in diesem Vers ist jedoch der Ausdruck: „... auch dazu sein eigen Leben.“ Die Eigenliebe ist eines der am schwersten zu überwindenden Hindernisse für die Jüngerschaft. Nicht eher, als wir willig sind, unser Leben völlig für Ihn hinzugeben, sind wir an dem Platz, an dem Er uns haben will.
2. Verleugnung unseres Ichs
„Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst“ (Mt. 16,24). Verleugnung unseres Ichs ist mehr als Enthaltsamkeit. Es bedeutet mehr als Verzicht auf bestimmte Speisen, Vergnügungen oder Besitztümer. Verleugnung unseres Ichs bedeutet eine völlige Hingabe an die Herrschaft Jesu Christi, dass das eigene Ich überhaupt keine Rechte und Ansprüche hat. Es bedeutet, dass das Ich einfach abdankt. Das ist in den Worten Henry Martyns ausgedrückt: "Herr, lass mich keinen eigenen Willen haben, noch lass mich mein wahres Glück auch nur ein wenig in der Abhängigkeit von etwas, was mir von außen her begegnen kann, sehen, sondern lass alles in mir mit deinem Willen übereinstimmen."
Mein herrlicher Sieger, göttlicher König,
nimm diese dir ergeb`nen Hände in die deinen.
Endlich ist mein Wille ganz dein eigen, und
ich bin fröhlicher Untertan an deinem Thron.
H.G.C. Moule
3. Wohlüberlegte Wahl des Kreuzes
„Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich“ (Mt. 16,24b). Das Kreuz ist nicht eine physische Schwäche oder ein geistiger Schmerz; diese Dinge sind allen Menschen gemeinsam. Das Kreuz ist ein Weg, der nach reiflicher Überlegung gewählt wurde. Es ist "ein Weg, der, solange diese Welt besteht, voll Unehre und Schmach ist" (C.A.Co.). Das Kreuz veranschaulicht die Schande, Verfolgung und Schmach, mit der die Welt den Sohn Gottes überhäufte und welche die Welt auch auf alle die laden wird, die sich entschieden haben, gegen den Strom zu schwimmen. Jeder Gläubige kann dem Kreuz einfach dadurch entgehen, dass er sich der Welt und ihren Wegen anpasst.
4. Ein Leben in der Nachfolge Christi
„Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir“ (Mt. 16,24). Um zu verstehen, was das bedeutet, muss man sich selbst fragen: "Was kennzeichnete das Leben des Herrn Jesus?" Es war ein Leben des Gehorsams gegenüber Gott. Es war ein Leben in der Kraft des Heiligen Geistes. Es war ein Leben des selbstlosen Dienstes an anderen. Es war ein Leben der Geduld, des Leidens und der Ausdauer trotz boshafter Misshandlungen. Es war ein Leben voller Eifer, voller Hingabe, ein Leben der Selbstbeherrschung, der Sanftmut, der Freundlichkeit, der Treue und der Hingabe (Gal. 5,22-23). Wenn wir Seine Jünger sein wollen, müssen wir wandeln wie Er. „... dass ihr viel Frucht bringet und werdet meine Jünger“ (Joh. 15,8).
5. Innige Liebe zu allen, die Christus gehören
„Dabei wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habt“ (Joh. 13,35).
Das ist die Liebe, die andere höher achtet als sich selbst. Es ist die Liebe, welche die Menge der Sünden bedeckt. Es ist die Liebe, die langmütig und freundlich ist. „Die Liebe ist langmütig und freundlich. Die Liebe neidet nicht und prahlt nicht. Sie tut nicht groß und ist nicht aufgeblasen. Sie verletzt nicht den Takt, sie ist frei von Selbstsucht. Sie kennt keine Bitterkeit, sie trägt nichts Böses nach, sie hat kein Gefallen am Unrecht, sie freut sich aber der Wahrheit. Alles trägt sie, alles glaubt sie, alles hofft sie, alles duldet sie“ (1. Kor. 13,4-7; nach Bruns N.T.). Ohne diese Liebe wäre die Jüngerschaft ein kalter, gesetzlicher Zwang.
6. Stetes Bleiben in seinem Wort
„So ihr bleiben werdet an meiner Rede, so seid ihr meine rechten Jünger“ (Joh. 8,31b). Rechte Jüngerschaft muss von Dauer sein. Es ist leicht, einen guten Anfang zu machen und mit flammender Begeisterung loszustürmen, aber die Probe auf die Echtheit ist das Ausharren bis zum Ende. „Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt zum Reich Gottes“ (Lk. 9,62b). Das krampfhafte Befolgen der Schrift tut es nicht. Christus wünscht sich solche, die Ihm in stetem, gläubigen Gehorsam folgen.
"Bewahre mich davor, zurückzuweichen.
Die Griffe meines Pfluges sind von Tränen nass,
die Pflugscharen sind vom Rost verdorben, und doch ...
Und doch, mein Gott, mein Gott bewahre mich davor,
zurückzuweichen."
7. Alles aufgeben, um ihm zu folgen
„Also auch ein jeglicher unter euch, der nicht absagt allem, was er hat, kann nicht mein Jünger sein“ (Lk14,33). Das ist vielleicht die unpopulärste aller Bedingungen, die Christus für die Nachfolge stellt, und sie mag sich sehr wohl als der unbequemste Vers in der Bibel überhaupt erweisen. Die klugen Theologen mögen tausend Gründe dafür angeben, warum dieses Wort eigentlich gar nicht das bedeutet, was es aussagt, aber einfache Jünger Jesu nehmen es buchstäblich so, wie es dasteht, und wissen, dass der Herr Jesus genau wusste, was Er sagte. Was ist nun mit "allem absagen" gemeint? Es bedeutet den Verzicht auf materielle Werte, die nicht unbedingt zum Leben notwendig sind und die zur Verbreitung des Evangeliums verwandt werden könnten.
Der Mann, der allem entsagt, wird dadurch nicht etwa zum hilflosen Müßiggänger; er arbeitet im Gegenteil schwer, um für die laufenden Bedürfnisse seiner Familie und seiner selbst zu sorgen. Da aber die Leidenschaft seines Lebens der Fortgang der Sache Christi ist, setzt er alles, was er nicht unbedingt braucht, für das Werk des Herrn ein und überlässt die Zukunft Gott. Indem er zuerst nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit trachtet, glaubt er daran, dass es ihm nie an Nahrung und Kleidung mangeln wird. Er kann einfach nicht mit gutem Gewissen Güter anhäufen, während Seelen verloren gehen, weil niemand ihnen das Evangelium bringt. Er will sein Leben nicht damit vergeuden, dass er Reichtümer anhäuft, die in die Hände des Teufels fallen, wenn Christus für seine Heiligen wiederkommt. Er will dem Gebot Christi gegen die Anhäufung von Schätzen auf Erden gehorchen. Er entsagt allem, indem er hingibt, was er doch nicht ewig halten kann und was er nun nicht mehr liebt.
Dieses sind also die sieben Voraussetzungen zur Nachfolge Christi. Sie sind klar und unzweideutig. Der Schreiber dieses Büchleins ist sich darüber im Klaren, dass er sich selbst durch diese Aufstellung als einen unnützen Knecht verurteilt. Sollte aber Gottes Wahrheit durch das Versagen des Volkes Gottes für immer verhindert werden? Ist es nicht wahr, dass die Botschaft immer größer ist als der Botschafter selbst? Ist nicht Gott allein wahrhaftig und jeder Mensch ein Lügner? Sollten wir nicht mit einem alten Weisen sagen: "Dein Wille geschehe, wenn auch durch meine eigene Unzulänglichkeit"?
Indem wir unsere begangenen Fehler bekennen, lasst uns den Ansprüchen Christi an uns mutig begegnen und von jetzt an danach trachten, wahre Jünger unseres herrlichen Herrn zu sein.
„... der in euch angefangen hat das gute Werk, der wird`s auch vollführen ...“ (Phil. 1,6).
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