2022-09-09

Göttliche Langmut

„Der Herr ist langsam zum Zorn und groß an Gnade…“ (4. Mo 14,18)

„Achtet die Langmut unseres Herrn für Errettung...“ (2. Petr 3,15)

Die Langmut Gottes ist Seine Bereitschaft und Fähigkeit, Zu­rückhaltung und Selbstkontrolle in Seinem Handeln mit der Sünde, Herausforderung und Rebellion der Menschen zu zei­gen. Er könnte die Sünde sofort richten, und in einzelnen Fällen hat Er das auch getan. Im allgemeinen jedoch hat Er die mensch­liche Bosheit mit unglaublicher Nachsicht und Geduld ertragen. Der Umstand, dass überhaupt jemand hier ist, der darüber spre­chen kann, ist der Langmut Gottes zu verdanken!

Jahwe gab sich Mose so zu erkennen: „Jahwe, Jahwe, Gott, barm­herzig und gnädig, langsam zum Zorn und reich an Gnade und Treue ...“ (2. Mo 34,6).

Der Prophet Nahum spricht von Gott: „Der Herr ist langsam zum Zorn und von großer Kraft“ (Nah 1,3).

Paulus fragt die Selbstgerechten: „Oder verachtest du den Reich­tum seiner Gütigkeit und Geduld und Langmut und weißt nicht, dass die Güte Gottes dich zur Buße leitet.“ (Rom 2,4).

An anderer Stelle spricht Paulus von Gott als von dem, der „mit vieler Langmut die Gefäße des Zorns ertragen hat, die zum Ver­derben zubereitet sind“ (Röm 9,22b).

Als Antwort auf die Frage, warum Gott Sünde nicht sofort rich­tet, schreibt Petrus: „Der Herr verzögert nicht die Verheißung, wie es einige für Verzögerung halten, sondern er ist langmütig euch gegenüber, da er nicht will, dass irgendwelche verloren ge­hen, sondern dass alle zur Buße kommen“ (2. Petr 3,9).

Gott könnte mit gutem Recht jede Sünde auf der Stelle bestra­fen. Aber Er hat kein Gefallen am Tod des Gesetzlosen. Er möch­te, dass die Menschen umkehren und leben. Deshalb erträgt Er geduldig die Überheblichkeit und Feindseligkeit der Menschen. Er schiebt den Tag des Gerichts auf, damit Männer und Frauen, Jungen und Mädchen zu den durchbohrten Füßen Christi Jesu niederfallen und Ihn als Herrn und Erlöser annehmen können.

Es ist unnötig zu betonen, dass Er Seine Langmut bei uns wieder­finden will. Er möchte sehen, dass wir die Beschwerlichkeiten des Lebens geduldig und siegreich ertragen. Das bedeutet, dass wir nicht gleich die Nerven verlieren. Wir gehen nicht gleich die Wände hoch. Wir fahren nicht gleich aus der Haut. Wir versu­chen nicht, uns zu rächen. Stattdessen werden wir durch über­zeugende Geduld den Sieg davontragen, wenn wir beleidigt oder schlecht behandelt werden.

Ein Ereignis in einem der Bücher von Corrie ten Boom illu­striert das sehr schön. Sie und ihre Schwester Betsy waren in einem Konzentrationslager, wo sie unbeschreiblichen Leiden und Demütigungen ausgesetzt waren. Und doch sagte Betsy zu Corrie, dass sie, wenn sie freigelassen würden, irgendetwas tun müssten, um diesen Leuten zu helfen. Corrie dachte natürlich, dass Betsy Mitgefangenen meinte. Aber Betsy sprach überhaupt nicht von ihnen. Sie meinte die Wächter, ihre Peiniger!

Corrie schrieb: „Und ich fragte mich, nicht zum ersten mal, was für ein Wesen meine Schwester war ... auf welcher Straße sie ging, während ich mich neben ihr auf der allzu festen Erde müh­sam dahinschleppte.“ Corrie sah Betsy auf einem himmlischen Weg wandern, während sie selbst nur ein natürliches Leben lebte und sich nicht über Fleisch und Blut erhob. In Wirklichkeit gin­gen natürlich beide, sowohl Betsy als auch Corrie, den Weg der Langmut, obwohl Corrie das bestritt.

Die Geschichte der christlichen Märtyrer aus alter und heutiger Zeit spricht von unzähligen, fast unglaublichen Beispielen von Langmut. Wir bewundern nicht nur, dass sie die schlimmsten Foltern ertragen konnten, sondern auch, dass sie für ihre schul­digen Bedränger beteten.

Die meisten von uns werden nie dazu Gelegenheit haben, für Jesus körperliches Leid zu ertragen. Unsere Geduld wird nur bei kleinen Ärgernissen, Beleidigungen, Spott und abfälliger Rede gefordert. Wir sollten jedoch dem Herrn danken, dass wir wert­geachtet werden, um seines Namens willen zu leiden, was es auch immer sei. Paul Gerhardt, der Verfasser vieler Lieder, erhebt den langmütigen Erlöser mit den folgenden Worten:

Du setztest dich zum Bürgen,

ja lässest dich gar würgen, für mich und meine Schuld.

Mir lässest du dich krönen,

mit Dornen, die dich höhnen, und leidest alles mit Geduld.

W.D.


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Göttliche Eifersucht


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