2019-08-18

Großer Glaube (4)

„Und Jesus ging aus von dort und zog sich zurück in das Gebiet von Tyrus und Sidon; und siehe, eine kananäische Frau, die aus jenem Gebiet hergekommen war, schrie und sprach: Erbarme dich meiner, Herr, Sohn Davids! Meine Tochter ist schlimm besessen. Er aber antwortete ihr nicht ein Wort. Und seine Jünger traten herzu und baten ihn und sprachen: Entlass sie, denn sie schreit hinter uns her. Er aber antwortete und sprach: Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt. Sie aber kam und warf sich vor ihm nieder und sprach: Herr, hilf mir! Er aber antwortete und sprach: Es ist nicht schön, das Brot der Kinder zu nehmen und den Hunden hinzuwerfen. Sie aber sprach: Ja, Herr; und doch fressen die Hunde von den Brotkrumen, die von dem Tisch ihrer Herren fallen. Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: O Frau, dein Glaube ist groß; dir geschehe, wie du willst. Und ihre Tochter war geheilt von jener Stunde an.“ (Mt 15,21-28)

Ein unreiner Geist ergreift Besitz von einer kanaanäischen Frau. Ihre Mutter, die im Glauben ergriffen hat, dass Jesus der verheißene Messias Israels ist, kommt mit dieser Not zu Ihm. Ihr Glaube zeigt sich darin, dass sie den Sohn Gottes um Hilfe für ihre Tochter bittet und schreit: „Erbarme dich meiner, Herr, Sohn Davids! Meine Tochter ist schlimm besessen“ (Mt 15,22). Sie weiß, dass Er der einzige ist, der ihr helfen kann.

Der Herr Jesus sieht den Glauben dieser Frau, die, obwohl sie nicht zum Volk Israel gehört, sich so kühn in ihrer Verzweiflung an Ihn wendet. Bevor Er jedoch auf ihren Glauben antwortet, muss Er ihr zuerst einmal klar machen, dass sie als Heidin überhaupt keinen Anspruch auf den Segen hat, den Er als verheißener Messias für das irdische Volk Gottes bereithält. Deshalb antwortet Er ihr zunächst nicht ein einziges Wort. Erst nachdem die Jünger Ihn darum bitten sie wegzuschicken, sagt Er: „Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt“ (Mt 15,24).

Der Herr weiß ganz genau, dass Er mit dieser scheinbar harten Aussage, die sich in erster Linie an die Jünger, aber auch an die Frau richtet, ihren Glauben nicht überfordert. Im Gegenteil: Anstatt das diese Worte die Syro-Phönizierin abschrecken, bewirken sie, dass sie sich vor Ihm niederwirft und sagt: „Herr, hilf mir.“ Ohne mutlos oder ärgerlich zu werden akzeptiert sie demütig, was der Herr ihr sagt. Doch dabei sie gibt nicht auf. Sie bittet Ihn weiterhin um Hilfe - jetzt redet sie Ihn allerdings nicht mehr als Messias an, sondern als Herrn, der Autorität über sie hat.

Sie muss jedoch noch eine weitere Lektion lernen: Dass sie selbst die direkte Hilfe des Sohnes Gottes in keiner Weise verdient hat. Wenn Er etwas gibt, dann ist das reine Gnade! Der Herr prüft ihren Glauben - und das tut Er in dem Bewusstsein, dass dieser durch seine Worte noch deutlicher hervorstrahlen wird. Deshalb sagt Er ihr: „Es ist nicht schön, das Brot der Kinder zu nehmen und den Hunden hinzuwerfen“ (Mt 15,26). Die Frau begreift sofort, was der Herr Jesus ihr mit diesen Worten sagen möchte: Sie ist als verächtliche Heidin völlig unwürdig irgendeine Art von Hilfe erwarten zu können.

Wie viele wären in diesem Augenblick weggegangen und hätten aufgegeben. Nicht so diese Frau. Sie anerkennt, dass sie als eine unreine aus den Nationen gar keine Forderungen stellen darf und auch kein Anrecht darauf hat, in irgendeiner Weise Hilfe von dem Herrn zu empfangen. Wieder stellt sie sich unter die Worte des Herrn und akzeptiert, dass sie überhaupt nichts verdient hat. Doch dann fügt sie einen bemerkenswerten Satz hinzu: „Und doch fressen die Hunde von den Brotkrumen, die von dem Tisch ihrer Herren fallen“ (Mt 15,27). Trotz der harten Worte des Herrn Jesus gibt sie immernoch nicht auf. Stattdessen vertraut sie darauf, dass, obwohl sie absolut unwürdig ist und keinerlei Ansprüche hat, der Herr groß an Güte ist, für alle, die Ihn anrufen (s. Ps 86,5). Sie sagt mit anderen Worten: „Ja, ich bin ein Hund und habe nichts zu fordern. Aber so wie die Menschen barmherzig sind und es den winselnden Hunden zugestehen, einige Brotkrumen aufzuschnappen so vertraue ich darauf, dass du mir in deiner Gnade etwas geben wirst.“ Im Glauben ergreift sie was im Herzen Jesu ist - und klammert sich an seine Gnade und Barmherzigkeit. Nicht selten geht eine hohe Meinung von sich selbst mit schwachem Glauben einher, wohingegen eine demütige Gesinnung oft mit starkem Glauben verbunden ist!

Als der Herr Jesus diese Worte hört, sagt Er mit tiefer Freude: „O Frau, dein Glaube ist groß; dir geschehe, wie du willst“ (Mt 15,28). Der Glaube ehrt Gott und Gott ehrt den Glauben!

J.P.S.


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