2020-11-28

Kein Mangel

„Wer dem Armen gibt, wird keinen Mangel haben.“ (Spr 28,27)

Nachdem der Herr Seine Jünger vor den heuchlerischen Schriftgelehrten warnt, die durch äußeres Prahlen versuchten gut vor den Menschen dazustehen, setzt Er sich dem Schatzkasten des Tempels gegenüber und sieht zu, wie die Menschen dort Gaben einlegen (s. Mk 12,41-44). Die Reichen geben hohe Beträge, die jedoch - gemessen an ihrem Vermögen - für sie aber kein großes Opfer darstellen.

Plötzlich erscheint eine arme Witwe, die die Aufmerksamkeit Jesu auf sich zieht. Obwohl sie nur noch zwei Scherflein hat, ist sie bereit, beide für Gott zu opfern. Der Sohn Gottes ist von dem Vertrauen und der Hingabe dieser Frau offensichtlich innerlich berührt, denn Er ruft sofort Seine Jünger und berichtet ihnen, was sie getan hat. Er sagt ihnen nicht, dass sie es genauso machen müssen - denn Hingabe kann man nicht erzwingen - und doch weist Er sie auf das vorbildhafte Verhalten dieser Witwe hin. Im Gegensatz zu den Reichen hat sie nichts zurückgehalten, sondern sich rückhaltlos in die Arme Gottes geworfen.

Unser Herr und Meister sitzt auch heute noch als Beobachter am „Schatzkasten“. Er sieht nicht nur, wie viel wir geben, sondern auch - und das ist noch entscheidender - wie viel wir für uns zurückbehalten! Gott beurteilt den Zustand und die Beweggründe unserer Herzen. Es ist relativ leicht, viel zu geben, wenn man viel hat. Ein wahres Opfer zeigt sich darin, dass es den Geber wirklich etwas kostet!

Was jetzt folgt, ist nichts für schwache Nerven - und fordert unseren Glauben heraus! Es geht nicht darum, dass wir es genauso machen müssen. Aber ähnlich wie bei der Situation am Schatzkasten dürfen wir einfach mal „zuschauen“ und den Glauben anderer bewundern.

Der indische Evangelist Bakht Singh hat in seinem Leben öfters die Erfahrung gemacht, dass Gott sich dazu bekennt, wenn wir - auf Sein Wort hin - bereit sind, alles für Ihn zu geben:

„Bei einer Gelegenheit kam 1936 in Karachi ein Mann zu Bakht Singh und berichtete ihm, dass er kein Geld für die Miete habe. Bakht Singh sagte, er solle sich setzen und er würde für ihn beten. Er ging auf sein Zimmer und betete: »Herr, dieser Mann hat kein Geld. Was soll ich tun?« Der Herr sprach zu ihm: »Du hast 12 Rupien in deinem Koffer. Gib ihm das Geld!«

Bakht Singh wusste, dass er 12 Rupien hatte, die für die Fahrkarte nach Ajmer bestimmt waren. Er war dort zu einer Konferenz eingeladen. Da er in zwei Tagen dorthin fahren musste, sagte er dem Herrn: »Ich muss nach Ajmer fahren; wie kann ich das Geld dann diesem Mann geben?« Der Herr sagte: »Das ist mein Geld und nicht dein Geld.« So nahm Bakht Singh die 12 Rupien und gab sie dem Mann, der genau diese Summe benötigte. Dieser war natürlich sehr glücklich.

Dann kam der Tag, als Bakht Singh nach Ajmer fahren musste. Er war sich nicht sicher, was er tun oder wohin er gehen sollte. Zuerst dachte er, er könnte zu seiner Schwester gehen und eine traurige Miene aufsetzen, sodass sie ihn fragen würde, was ihm fehle. Er dachte, er würde ihr dann sagen, dass er nach Ajmer fahren müsse. Sie würde ihm dann das Geld geben. Aber der Herr erlaubte ihm nicht, das zu tun.

Als Zweites kam ihm der Gedanke, er könnte ein Telegramm nach Ajmer schicken und ihnen sein Bedauern mitteilen, dass er nicht kommen könne. Der Herr erinnerte ihn daran, dass er versprochen hatte, zu kommen, und deshalb auch hingehen müsse. So erlaubte der Herr ihm nicht, dass er zu einem Menschen ging oder seinen Plan aufgab.

Im Glauben packte Bakht Singh seinen Koffer und ging zum Bahnhof, ohne Geld zu haben. Er stellte sich in der Schlange vor dem Schalter an. Da kam ein Mann auf ihn zu und fragte ihn: »Sind Sie Bakht Singh?« Als Bakht Singh es bejahte, gab ihm der Mann einen Umschlag, sagte, der sei für ihn, und ging weg. In diesem Umschlag waren genau 12 Rupien. Bakht Singh kannte diesen Mann nicht. Er war verschwunden, ehe er ihm danken konnte.“ (Bahkt Singh - Ein auserwähltes Werkzeug in Indien/ CLV)

Sicherlich sind solche Erfahrungen außergewöhnlich und erfordern einen besonderen Glauben. Und doch zeigen sie uns, was möglich ist, wenn wir Gott rückhaltlos vertrauen, denn: „Dem Glaubenden ist alles möglich“ (Mk 9,23).

J.P.S.


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