Kein Mann der Rede?
„Und Mose sprach zu dem HERRN: Ach Herr! ich bin kein Mann der Rede, weder seit gestern, noch seit vorgestern, noch seitdem du zu deinem Knecht redest; denn ich bin schwer von Mund und schwer von Zunge“ (2.Mo 4, 10).
Welch eine Feigheit! Aber die unendliche Geduld des HERRN konnte sie ertragen. War denn die Zusicherung Gottes „Ich werde mit dir sein“ nicht eine sichere Bürgschaft, dass es Seinem Diener an nichts von allem, was er etwa benötigte, mangeln würde? Wenn er eine beredte Zunge brauchte, was musste Mose dann tun, angesichts des erhabenen Titels „Ich bin“? Beredsamkeit, Weisheit, Kraft, Energie - alles war in dieser unerschöpflichen Schatzkammer zu haben.
„Und der HERR sprach zu ihm: Wer hat dem Menschen den Mund gemacht? Oder wer macht stumm, oder taub, oder sehend, oder blind? Nicht ich, der HERR? Und nun gehe hin, und ich will mit deinem Munde sein und dich lehren, was du reden sollst“ (V. 11. 12). Welch eine unvergleichliche Gnade! Eine Gnade, die des großen Gottes würdig ist! Niemand ist wie der Herr, unser Gott, dessen beharrliche Gnade alle unsere Schwierigkeiten besiegt und für alle unsere Bedürfnisse und Schwachheiten genügt.
Das „Ich, der HERR“ sollte für immer die Einwände unserer fleischlichen Herzen zum Schweigen bringen. Aber wie schwer ist es, diese Einwände niederzuhalten! Immer von neuem stören sie unsern Frieden, und dadurch verunehren wir Gott, der sich in Seiner ganzen Fülle vor unsere Seelen stellt, um uns aus dieser Fülle nach unseren Bedürfnissen schöpfen zu lassen. Es ist gut, uns immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass, wenn der Herr mit uns ist, gerade unsere Mängel und Gebrechen für Ihn eine Veranlassung werden, Seine Gnade und Seine Geduld zu offenbaren. Hätte Mose daran gedacht, so hätte ihn sein Mangel an Beredsamkeit nicht beunruhigt.
Paulus hatte gelernt zu sagen: „Daher will ich am allerliebsten mich vielmehr meiner Schwachheiten rühmen, auf dass die Kraft des Christus über mir wohne. Deshalb habe ich Wohlgefallen an Schwachheiten, an Schmähungen, an Nöten, an Verfolgungen, an Ängsten für Christum; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark“ (2. Kor. 12, 9. 10). Das ist in der Tat die Sprache eines Mannes, der die Schule Christi durchlaufen hatte. Es ist die Erfahrung eines Mannes, der trotz einer unberedten Zunge ruhig geblieben wäre, weil er in der Gnade des Herrn Jesus Christus für jedes Bedürfnis eine Antwort gefunden hatte.
Diese Erkenntnis hätte Mose von seinem Mißtrauen und seiner Furchtsamkeit befreien sollen. Wenn der Herr ihm versichert hatte, dass Er mit seinem Munde sein werde, so hätte er über den Mangel an Beredsamkeit völlig beruhigt sein sollen. Er, der den Mund des Menschen geschaffen hat, konnte, wenn es nötig war, diesem Mund glänzende Beredsamkeit verleihen. Für den Glauben ist das sehr einfach; das zweifelnde Herz aber setzt sein Vertrauen weit lieber auf eine beredte Zunge, als auf den, der sie erschaffen hat. Wir würden das unerklärlich finden, wenn wir nicht wüssten, aus welchen Elementen das natürliche Herz gebildet ist. Dieses Herz kann Gott nicht vertrauen; und daher zeigt sich dieser demütigende Mangel an Vertrauen zu dem lebendigen Gott selbst bei Kindern Gottes, wenn sie sich durch ihre Natur beherrschen lassen.
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