Die Wasserkrüge zu Kana (1)
„Jesus spricht zu ihnen: Füllet die Krüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan“ (Johannes 2,7).
Jesus Christus begann die Zeit der Gnade nicht mit einem Wunder der Rache wie Mose, der Wasser in Blut verwandelte, sondern mit einem Wunder der Freigebigkeit, indem Er Wasser in Wein verwandelte. Er versorgt nicht nur mit dem Notwendigen, sondern er gibt auch darüber hinaus Annehmlichkeiten; und dies ist typisch für das Reich Seiner Gnade. Hier gibt Er nicht nur den Sündern genug, um sie zu erretten, sondern Er gibt reichlich Gnade um Gnade. Seine Gaben sind nicht klein und kümmerlich; sie sind nicht gering - weder an Quantität noch an Qualität. Er gibt den Menschen nicht nur das Wasser des Lebens, damit sie trinken und sich erquicken, sondern Wein, damit sie sich recht erfreuen. Er gibt wie ein König, der reichlich gibt, ohne die Becher und Flaschen zu zählen.
Lasst uns an die Barmherzigkeit unseres Herrn denken, und lasst den Wein da stehen als ein Sinnbild Seiner Gnade und die Menge Wein als ein Sinnbild der Fülle Seiner Gnade, die Er so reichlich gibt.
Beachtet, wie einfach und anspruchslos das Wunder war. Man hätte erwarten können, dass der große Herr über alles hier in menschlicher Gestalt erschienen wäre und Seine Laufbahn damit begonnen hätte, dass Er die Schriftgelehrten und Pharisäer, wenn nicht die Könige und Fürsten der Erde, eingeladen hätte. Sie hätten dann die Zeichen Seines Standes und die Vollmacht Seiner Sendung in Augenschein nehmen können. Er hätte sie alle zusammenrufen können, um ein Wunder vor ihren Augen zu tun - wie Mose und Aaron vor dem Pharao - und damit hätte Er sie von Seinem Messiasamt überzeugen können. Aber Er tut nichts dergleichen. Er geht zu einer einfachen Hochzeit unter armen Leuten. Dort entfaltet Er in der einfachsten und natürlichsten Weise Seine Herrlichkeit. Als das Wasser in Wein verwandelt werden soll, als Er dies zum ersten Seiner Wunder erwählt, ruft Er nicht einmal den Speisemeister oder den Bräutigam oder einige Gäste, um ihnen zu sagen: „Ihr seht klar, dass kein Wein mehr vorhanden ist. Nun, ich will euch ein großes Wunder zeigen und das Wasser in Wein verwandeln.“ Nein, Er tut es still mit den Dienern: Er sagt ihnen, dass sie die Wasserkrüge füllen sollen. Er gebraucht die Reinigungskrüge, Er verlangt nicht neue Krüge, sondern benutzt die, welche vorhanden sind, ohne Aufsehen und Prunk. Er gebraucht nur Wasser, das sie im Überfluß hatten, und tut das Wunder in der natürlichen Weise. Das ist gerade die Weise Jesu.
Wäre es ein römisches Wunder gewesen, so würde es in einer sehr geheimnisvollen, theatralischen, sensationellen Weise getan worden sein; aber da es ein echtes Wunder war, so hält es sich so nah an den Lauf der Natur, wie das Übernatürliche es nur kann. Der Herr Jesus lässt nicht die Wasserkrüge leeren und füllt sie dann mit Wein, sondern Er geht mit der Natur so weit, wie die Natur gehen will, und gebraucht Wasser, um daraus den Wein zu machen. Er folgt darin den Naturprozessen, die jeden Tag vorkommen.
Wenn Regen vom Himmel fällt und in die Erde an die Wurzeln des Weinstocks einsickert und so die Trauben mit rotem Saft füllt, dann ist es ja Wasser, wodurch der Wein erzeugt wird. Es ist nur ein Unterschied in der Zeit, ob der Wein nun in der Traube oder ob er in den Wasserkrügen erzeugt wird.
Unser Herr ruft keine Fremden herbei, es zu tun, sondern die gewöhnlichen Diener sollen gewöhnliches Wasser bringen. Während sie das Wasser, oder was ihnen Wasser zu sein scheint, ausschöpfen, sollen die Diener feststellen, dass es in Wein verwandelt worden ist.
Nun, wann immer ihr auch versucht, dem Herrn Jesus Christus zu dienen, macht kein Aufsehen davon, weil Er nie Aufsehen machte, wenn Er etwas tat, selbst wenn Er erstaunliche Wunder wirkte.
Wenn ihr etwas Gutes tun wollt, so geht hin und tut es auf schlichte Weise. Tut es einfachen Herzens und einfachen Sinnes. Gebt euch, wie ihr seid. Seid nicht affektiert in eurer Frömmigkeit, als wenn ihr auf Stelzen zum Himmel gehen wolltet. Wenn ihr ein großes Werk zu tun habt, so tut es mit jener echten Einfachheit, welche der Erhabenheit nahe verwandt ist; denn alles, was flimmernd und prahlerisch wirkt, ist im Grunde gemein und bettelhaft. Nur die einfache Natürlichkeit hat echte Schönheit in sich; und solche Schönheit ist in diesem Wunder des Heilandes.
In der Regel gibt Christus, wenn Er segnen möchte, einen Befehl. Dies ist eine Tatsache, welche euer Gedächtnis sofort bestätigen wird. Nicht immer ist es so, aber gewöhnlich geht ein Wort des Befehls einem Wort der Macht voraus. Er ist im Begriff, Wein zu machen, aber Er spricht nicht: „Es werde Wein!“, sondern Er beginnt mit einem an Menschen gerichteten Befehl: „Füllet die Krüge mit Wasser!“
Da ist ein Blinder: Christus will ihm das Augenlicht geben. Er schmiert Kot auf seine Augen und spricht dann: „Gehe hin, wasche dich im Teiche Siloah!“
Dort ist ein Mann, dem der Arm an der Seite herabhängt, und Christus möchte ihn heilen und spricht: „Strecke deine Hand aus!“
Ja, und dieser Grundsatz gilt sogar in Fällen, wo er ganz unanwendbar zu sein scheint. So spricht er zu dem toten Kind: „Mägdlein, ich sage dir, stehe auf!“ Und wenn es Lazarus ist, der schon stinkt, weil er seit vier Tagen begraben ist, so ruft Er: „Lazarus, komm heraus!“ Die Wohltaten des Evangeliums verbindet Er mit einer Vorschrift des Evangeliums.
Wundert ihr euch, dass dieser Grundsatz in den Wundern seiner göttlichen Gnade zu sehen ist? Hier ist ein Sünder, der gerettet werden soll. Was spricht Christus zu diesem Sünder? „Glaube an den Herrn Jesus Christus, so wirst du errettet werden!“ Kann er von selbst glauben? Ist er nicht tot in Sünden? Brüder, werft keine solchen Fragen auf, sondern lernt, dass Christus den Menschen zu glauben befiehlt und dass Er Seine Jünger beauftragt zu rufen: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“ Er befiehlt uns, hinauszugehen und dieses Wort zu predigen: „Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du errettet werden!“ Es ist Sein Wille, dass wir das tun sollen, und das sollte uns genügen, die wir uns Seine Jünger nennen.
Es war ebenso in der alten Zeit, als Gott in einem Traum die Weise darstellte, in der Er mit einem toten Volk handeln wollte. Dort lagen die verdorrten Gebeine, und Hesekiel wurde beauftragt, ihnen zu weissagen. Was sagte der Prophet? „Ihr verdorrten Gebeine, hört das Wort des Herrn!“ Ist das eine Weise, sie lebendig zu machen? Ja, durch ein Gebot etwas anzuordnen, was verdorrte Gebeine nicht tun können. Er lässt Sein Gebot an die Toten ausgehen, an die Verdorrten, die Hilflosen, und durch die Macht des Befehls kommt Leben.
Ich bitte euch, seid dem Evangelium nicht ungehorsam, denn der Glaube ist eine Pflicht, sonst würden wir nicht von dem Gehorsam des Glaubens lesen.
Dasselbe gilt, wenn wir uns von den Unbekehrten zu den Gläubigen wenden. Wenn Gott beabsichtigt, die Seinen zu segnen, sie für andere zum Segen zu setzen, dann erlässt Er einen Befehl an sie. Wir haben zu dem Herrn gebetet, dass Er aufstehen und seinen Arm bewegen möchte. Seine Antwort ist: „Wache auf, wache auf, Jerusalem!“ Wir bitten, dass sich die Welt seinem Willen unterwirft, und seine Erwiderung ist: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Gehet hin ... “
Das Gebot ist für Ihn das Mittel zur Übertragung des Segens. Wenn wir den Segen haben wollen, dass Menschen zum Glauben kommen und Gemeinden gebaut werden, dann muss Christus uns dies sagen: „Gehet hin und verkündigt das Evangelium bis an die Enden der Erde.“ Wenn wir Seinem Befehl gehorsam sind, werden wir sehen, wie Er wirken wird - wie mächtig Er mit uns sein wird und wie unsere Gebete erhört werden.
Dies ist der erste Grundsatz, den ich hier sehe: Christus erlässt Befehle an die, die Er segnen will.
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