2018-02-24

Ein Geburtstagsgebet

„… nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir …“ (Gal 2,20)

Manchmal brauchen wir Mut, um Gott darum zu bitten, dass Er uns verändert; denn wenn Gott auf unser Gebet antwortet, kann es sein, dass sich unser Denken radikal verändert. Die folgende Erfahrung, von der ich kürzlich las, ist ein Beispiel dafür, wie Gott Leben verändern kann:

Am 8. November 1927, meinem 38. Geburtstag, betete ich: „Herr, mache mich zu einem Mann nach deinem Herzen!" Die tägliche Arbeit rückte aus meinem Blickfeld. Dinge, die mir vorher so wichtig erschienen waren, traten zurück. Alles, was mich bisher interessiert hatte, wurde jetzt zweitrangig, und es kam nur noch auf mein eigenes inneres Leben vor Gott an. Ich ging an diesem Tag in meinem Arbeitszimmer auf und ab und betete: „Herr, mache mich zu einem Menschen nach deinem Herzen!"

Wie nie zuvor erkannte ich, daß das Große in meinem Leben nicht die Arbeit war, die ich tat, nicht die Bücher, die ich schrieb, oder die Predigten, die ich hielt, auch nicht die Menschenmengen, die sich unter meiner Kanzel versammelten, noch der erzielte Erfolg. Es ging um das Leben, das ich lebte; um die Gedanken, die ich dachte, um Herzensheiligkeit und praktische Gerechtigkeit, mit einem Wort: Es ging um meine Umwandlung durch den Geist in Christus-Ähnlichkeit. Mit neuer und tieferer Bedeutung standen vor mir die Worte: „Lass mich näher bei Gott sein!", und mein Herz verlor sich in einem Angstschrei um solche Erfahrung. „Dass ich ihn erkenne", betete der große Apostel. „Christus in euch", sagt er, und dann „Christus in mir." Ja, „Noah wandelte mit Gott", „Henoch wandelte mit Gott". Warum nicht ich? Bin ich nicht wertvoller für Gott als meine Arbeit, mein Besitz? Gott will mich, nicht nur meinen Dienst.

Danach trieb er mich ins Gebet, das Gebet, dass er mich zu einem Mann nach seinem Herzen mache, und dies waren meine Bitten: Herr, hier sind meine Hände. Ich übergebe sie dir. Lass sie nie etwas berühren, das sie nach deinem Willen nicht berühren sollen, oder etwas tun, das dich entehren könnte, Und hier sind meine Füße; ich gebe sie dir. Lass sie nie einen Weg gehen, auf dem du nicht zu sehen bist. Hier, Herr, sind meine Augen. Lass sie nie etwas sehen, das deinen heiligen Geist betrüben könnte. Lass meine Ohren nichts hören, das deinen Namen verunehrt. Lass meinen Mund nichts aussprechen, dass du nicht hören darfst. Lass meinen Verstand keinen Gedanken und meinen Sinn keine Vorstellung festhalten, die das Bewusstsein deiner Gegenwart trüben könnten. Lass mein Herz keine Liebe kennen und keine Gefühle hegen, die nicht von dir sind. Amen."

Ich erkannte, dass Gott meine ungeteilte Aufmerksamkeit erwartete. Alles andere musste zurücktreten. Freunde und Angehörige, Heim, Geld, Arbeit — alles legitim —, alles musste Christus übergeben werden; meine ungeteilte Aufmerksamkeit musste sich Tag und Nacht auf ihn richten. Gott zuerst! — das musste meine Einstellung Ihm gegenüber sein. Nur so würde er mich segnen und gebrauchen können. Nur so würde ich sein liebendes Herz zufriedenstellen können. Ich erkannte, dass nichts und niemand zwischen Gott und mich treten durfte. So wie in der Ehe dem Mann als ersten die Zuneigung seiner Frau gehört und umgekehrt, so muss Gott in meinem Herzen den ersten Platz einnehmen, und wie eine Ehe nicht glücklich sein kann, wo sich Mann oder Frau nicht ungeteilt einander zuwenden, so kann auch meine Gemeinschaft mit Gott nur dann vollkommen sein, wenn ich mich ihm ungeteilten Herzens zuwende. Er will, dass ich ununterbrochen mit ihm rechne.

Was er an jenem Tage von mir forderte, fordert er von jedermann. Könnte es sein, daß wir ihm sein Recht verweigern? Gibt es irgendetwas auf dieser Welt, das einer solchen Zuwendung wert wäre wie die, die er bei uns sucht? Warum geben wir ihm dann nicht, wonach er verlangt?


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