2018-06-26

Das Lamm lehrt dich dienen

Dienen kann nur, wer sich seines Adels bewusst ist. Als Jesus wusste, dass er von Gott ausgegangen war und zu Gott ging, zog er seine Kleider aus, umgürtete sich mit einem Schurz ... und diente. Damit hat er jedem Dienst einen göttli­chen Adel aufgedrückt. Paragraph 1 in seinem Lebensprogramm heißt: „Nicht dass ich mir dienen lasse, sondern dass ich diene!“ Und wer von ihm geboren ist, der hat seinen Sinn, und wer zu ihm kommen will, an seine Seite, der geht seinen Weg. Dienen lernt man nur in des Lammes Schule. Denn dienen kann nur, wer demütig ist. Darum sagten die Alten statt Demut „Dienemut“. Wozu sind wir bekehrt? Und zu dienen, sagt Paulus (1. Thess 1,9). Wozu deine Fähigkeiten? Um zu dienen!

Gewöhnlich machen die begabten Leute die größten Ansprüche in einer Gemeinde, ohne an ihre eigene Pflicht zu denken. Wozu dein Besitz? Um zu dienen! Oh, wenn das alle Bekehrten wüßten! Dann hätte alle Not der armen Missionsgesellschaften mit einem Schlag ein Ende. In zwei Gestalten ist uns Jesus vor allem gezeigt in der Bibel. In der Knechtsgestalt und in der Lammesgestalt, d. h. im Dienen und im Tragen. „Siehe, das ist mein Knecht!“ ist Gottes Lieblingsname für ihn im Alten Testament.

Er diente uns mit seinen Worten. „Du hast Worte“, sagte Petrus. Er konn­te die Müden erquicken, die Traurigen trösten, die Sicheren erschrecken, die Unaufrichtigen strafen, die Verkehrten unterweisen. Er hatte Worte ewigen Lebens. Was hast du für Worte? Kannst du nach jeder Unterhaltung wie er deine Augen gen Himmel aufheben, und kannst du sprechen wie er: „Vater! Vater, versiegle, was ich jetzt geredet habe, lege es in die Furchen der Herzen, lass es aufgehen und Frucht bringen!“ Oder musst du sagen: „Vergib, decke zu, rotte aus!“ Was hast du für Worte? Sind sie tötend oder belebend? Keines deiner Worte ist in den Wind geredet; sie gehen bei dir oder bei anderen früher oder später in irgendeiner Gestalt auf. Mirjam redete zu Aaron von ihrem Bruder Mose, und zusammen haben sie wider ihn geredet. Erst redet man von seinem Nächsten, dann wider ihn. Mirjam legte Gift in die Seele des Aaron und half ihm zum Sündigen.

O die Schwätzsucht, dieses Freßfeuer, ist die Seuche, an der Gottes Volk am meisten leidet! Wenn du mit deinem Bruder wider andere redest, so legst du Gift in seine Seele, das er nicht wieder ausspeien kann. Werden durch dein Stillesein, durch dein Zeugen die Sünden anderer aufgedeckt und ver­nichtet? Hilfst du mit an der Erlösung deiner Brüder und Schwestern? Oder werden durch deine Worte die Sünden und Leidenschaften anderer geweckt und genährt ? Treibst auch du diese Teufelskolportage ? Weil manche ihre Zunge nicht im Zaume halten können, und weil Gott keinen Strick hat, sie anzubinden, darum hängt Gott manchen so ein Gewicht an.

Und Gottes Gewichte drücken, die spürt man. Mirjam wurde aussätzig. Hier gibt uns Gott die beste Auslegung, wie er das Reden wider andere ansieht, als eine eklige, stinkende Krankheit. Hier liegt das Geheimnis, warum so viele Kinder Gottes ein so sieches, totes Christentum haben, warum sie daliegen wie Tote. Ach, das Gift des Schwätz-und Richtgeistes hat sie getötet! Viel mehr als wir meinen, beflecken wir uns mit den Befleckungen anderer, weil wir nicht gelernt haben, heilig umzugehen mit den Unheiligkeiten anderer.

Wir lernen es aber, wenn wir zu ihm in die Schule gehen, der zu Judas sagt: „Mein Freund!“ und der das Ohr, das Petrus dem Malchus abhieb, aufhob und anheilte. Er diente uns mit seinem heiligen Leben. Seine Hinterlassenschaft an seine Jünger bestand in einem Beispiel (Joh 13). Die Apostel und die vielen Märtyrer wären nicht gestorben um des Evangeliums willen, wenn ihr Herr nicht gestorben wäre. Niemand würde um des Evangeliums willen Leiden getragen haben, wenn nicht der Herr selbst die größten getragen hätte.

Was hat dem Christentum unserer Tage so gar den Glanz und das Anziehende genommen? Gewiß das, dass in der Liebe, in der Geduld und in der Selbstverleugnung zwischen einem Weltkind und einem Gotteskind so wenig Un­terschied ist. Das Leben ist das Licht der Menschen, nicht die Worte. Unsere Taten geben unseren Worten das Leben. Einige reden von Licht, andere geben Licht. Was unser Leben zu einer Macht werden lässt, ist ein gutes Beispiel. Paulus sprach nie mit größerer Autorität als da, wo er sagen konnte: „Sehet auf mich!“ „Folget mir!“

Zwei Dinge braucht Gott vornehmlich, um die Menschen zum Lichte zu bringen. Und diese zwei Dinge sind: sein heiliges Wort und heilige Leute, die geschickt sind, sein heiliges Wort darzustellen. Wenn das Wort Fleisch wird, das heißt Gestalt annimmt, dann sieht man Herrlichkeit (Joh 1,14). Wir haben in unserer Christenheit fast in jedem Hause Gottes heiliges Wort; aber es ist an vielen Orten fast wie tot, bis zu dem heiligen Wort ein heiliger Mensch hinzukommt; dann wird es Geist und Leben.

Paulus mag die Worte der Disputation, die er mit Stephanus in der Schule der griechischen Juden hatte, vergessen haben; aber dessen verklärtes Angesicht in der Stunde des Todes, die Freude, mit welcher er sein Leben zu den Füßen seines Meisters niederlegte, und die Bitte für seine Feinde waren wohl unauslöschlich tief in seine Seele eingegraben und erwiesen sich in den Verfolgungen, die er dann selbst erfuhr, als eine siegende Gotteskraft.

G.St.


Artikelreihe: Der Weg dem Lamme nach

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