2018-06-16

Der einzige Weg zur Herrlichkeit

Jesus brachte seine Herrlichkeit aus der Tiefe (Phil 2). Vier Stufen hinunter führten ihn hinauf zur Herrlichkeit. Wir lesen:

1. „Er entäußerte sich selbst“;

2. „Er erniedrigte sich selbst“;

3. „Er ward gehorsam bis zum Tode“;

4. „Ja bis zum Tod am Kreuz!“

„Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist.“

Das ist sein Weg zur Herrlichkeit. Und für uns gibt es keinen anderen. Nur der Weg dem Lamme nach führt mitten in den Thron - kein anderer; Lammesherrlichkeit ist nichts anderes als Lammesähnlichkeit. Wir können ihm nicht gleich sein als Gottes Sohn, als Herr des Himmels und der Erde; aber wir sollen ihm ähnlich werden in der Lammesgestalt. Das ist das Mo­dell, nach dem uns Gott bildet. Als Gott daran dachte, Menschen zu schaffen, sprach er: „Lasst uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei.“ Ein Bild ihm gleich, ihm, dem Menschensohne, das ist Gottes Ideal. Und Gott ist nicht von diesem Ideal abgewichen. In Offenbarung 19 sehen wir Gottes Ideal verwirklicht.

Dort sehen wir eine Schar an der Seite des Lammes als sein Weib, ein Bild ihm gleich. Wir sind bei der Rechtfertigung stehen geblieben. Aber da bleibt Gott nicht stehen. „Denn welche er berufen hat, die hat er auch gerecht gemacht, und welche er gerecht gemacht hat, die hat er auch herrlich gemacht.“ Und wie herrlich! „Dass sie gleichförmig sein sollen dem Bilde seines Sohnes“ (Röm. 8).

Und wie erlangen sie diese Gleichförmigkeit? Dies ist uns in demselben Kapitel in den Worten gesagt: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken.“ Sie wissen, dass ihre Wege von seiner Hand so geordnet sind und dass er sie nur solche Wege führt, die zu ihrer Erziehung und Ausreifung notwendig sind. Sie wissen, dass an die Seite des Lammes nur die gelangen, die dem Lamme nachfolgen. Und diesen Weg gehen sie, und wenn es von ihnen heißen sollte: „Wie Schlachtschafe sind wir gerechnet.“ Sie suchen nicht Gaben und Seligkeit, sondern sie suchen ihn. Sie sprechen mit Asaph: „Wen habe ich im Himmel? Und neben dir habe ich an nichts Lust auf Erden“ (Ps 73).

Die Wüste war für das Volk Israel der Weg zur Herrlichkeit. Aber Israel hat seine Herrlichkeit verloren, weil es seinem Gott in Schwierigkeiten nicht folgen wollte. In dem Augenblicke, wo seine Herrlichkeit zum vollen Glanze kommen sollte, da murrte es und lehnte sich gegen Gottes Führung auf und be­trübte seinen Heiligen Geist. Israel war berufen, allen kommenden Geschlechtern ein Exempel zu sein von der Treue, Liebe und Macht Gottes. Aber Israel hat sich um seine Herrlichkeit gebracht; es wollte seinem Gott nicht im Dunkeln vertrauen und darum auch nicht durch Schwierigkeiten folgen.

Hat dich Gott in die Wüste geführt, hat er dir alles weggezogen, worauf du dich verließest? Oh, das sind heilige Dinge! Siehe zu, ob es nicht ein Weg ist, auf dem Gott dich herrlich machen will. Klage nicht um das Verlorene, sehne dich nicht danach zurück; denn das ist gerade so, als wenn Israel um Ägypten klagt und wünscht, dorthin wieder zurückzukehren. Gott will dich weiterführen.

Für die Fleischtöpfe gibt er dir Brot vom Himmel, und für das Wasser aus dem Nil gibt er dir Wasser aus dem Felsen. Aber vertrauen musst du ihm, vertrauen auch in der Wüste, vertrauen auch im Dunkeln. Das können aber nur die, die alles Selbstvertrauen in dem Bankrott, in den Gott die Seinen hineinlockt (Hos 2), aufgegeben haben. In diese Wege stößt Gott nicht hinein, sondern lockt hinein, wie er sagt: „Darum siehe, ich werde sie locken und sie in die Wüste führen und ihr zum Herzen reden, und ich werde ihr von dort aus ihre Weinberge geben und das Tal Achor zu einer Tür der Hoffnung, und sie wird daselbst singen wie in den Tagen ihrer Jugend und wird mich nennen mein Mann, und ich werde Bogen Schwert und den Krieg zerbrechen und werde sie in Sicherheit wohnen lassen.“

Was fand Israel auf diesem Wege? Völligeren Besitz, lebendigere Hoffnung, ungetrübte Freude, tiefere Erkenntnis, völligeren Frieden, vollkommene Sicherheit, tiefere Reinigung und die innigste Vereinigung mit Gott. Ist das noch Wüste? Für die nicht, die wie Mose hinter der Schmach die Belohnung und wie David hinter dem Kelch den Herrn und wie Jesus hinter dem Kreuz den Thron sehen (Heb 12,2).

Was siehst du hinter der Schmach, hinter dem Leidenskelch, hinter dem Kreuz? Siehst du Herrlichkeit dahinter? Als Judas mit dem Entschluß hinausging, Jesus zu verraten, und somit der bitterste Tropfen in den Leidenskelch Jesu ge­fallen war, sprach Jesus: „Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott ist verherrlicht in ihm“ (Joh 13,31). Verherrlicht durch Leiden! Jedes Umgehen eines Leidens, das Gott uns in den Weg gelegt hat, bedeutet soviel als das Umgehen einer Herrlichkeit. Gott gibt dem Demütigen Gnade. Sooft wir uns einer Demütigung entziehen, entziehen wir uns einer Gnade. Um wieviel Herrlichkeit und Gnade haben wir uns schon gebracht! Jesus ging nicht der schweren Stunde aus dem Weg, sondern legte sie in des Vaters Hand, damit ihm der darin liegende Segen nicht verlorengehen sollte.

In Johannes 17,1 sagt er: „Vater, die Stunde ist gekommen, verherrliche deinen Sohn.“ Was war das für eine Stunde? Es war die schwere Stunde von Gethsemane und Golgatha. Und was erwartete er von dieser Stunde? Verklärung, Herrlichkeit! Und hat er sie gefunden? O gewiß! Welch eine Klarheit haben ihm Gethsemane und Golgatha gebracht! Millionen rühmen heute mit Zinzendorf:

So wie du am verhöhntsten, So bist du mir am schönsten!

und mit den Kreaturen im Himmel und auf Erden und unter der Erde und im Meer: „Das Lamm, das erwürget ist, ist würdig ...!“ Hast du auch schwere Stunden? Was erwartest du von denselben? Dass sie so schnell wie möglich vorübergehen? Dazu sind sie nicht gegeben, sondern um dir ein neues Stück Herrlichkeit zu bringen. O, das sind heilige Dinge!

Sei vorsichtig bei dir und anderen. Laufe dem himm­lischen Schleifer nicht aus der Arbeit; denn Leidensstunden sind solche Stunden, wo dem Diamant ein neuer Kegel aufgeschliffen werden soll, um von nun an eine Klarheit mehr zu haben. Welchen Glanz und welche Klarheit haben dem Daniel die Löwengrube, seinen Freunden der Feuerofen, der Hanna ihre Geduld mit Peninna und der Maria ihr Schweigen gebracht!

In Sprüche 4,18 lesen wir: „Der Pfad der Gerechten ist wie das glänzende Morgenlicht, das stets heller leuchtet bis zur Tageshöhe.“ Gewiß haben die Stufen, die Joseph hinunterstieg in den Kerker, viel mehr Glanz für uns als die Stufen hinauf zum Königsthrone! Was uns die Männer Gottes so groß und anziehend macht, sind nicht in erster Linie ihre Wunderwerke, sondern wie sie mit ihrem Gott durch Schwierigkeiten hindurchgingen, die Stunden, wo sie das Liebs­te gaben wie Abraham, das Schwerste taten wie Daniel und das beinahe Unmögliche wie Mose. So verherrlichten sie Gott. Und das ist Herrlichkeit, die ein Kind Gottes sucht - nicht Herrlichkeit für sich.

G.St.


Artikelreihe: Der Weg dem Lamme nach

Der vergessene Weg Der Weg, auf dem man zu einem Überwinder wird


Vorheriger Artikel Nächster Artikel

Verwandte Artikel