Herz oder Gewissen?
“Wenn nun ich, der Herr und der Lehrer, euch die Füße gewaschen habe, so seid auch ihr schuldig, einander die Füße zu waschen. Denn ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit, wie ich euch getan habe, auch ihr tut.” (Joh 13,14-15).
Die Peitsche und der Stock können - auch wenn sie gerecht angewandt werden - das Herz des Menschen nicht gewinnen. Nicht die Gerechtigkeit herrrscht unter den Heiligen Gottes, sondern die Gnade herrscht durch die Gerechtigkeit zum ewigen Leben.
Wie viele Sünden hätten weggewaschen werden können (Joh 13), die nun unbereinigt zurückbehalten werden! Wie viele Brüder hätten für Gott und für die Heiligen wiedergewonnen werden können, die nun für alle Zeiten entfremdet sind, weil wir nur auf das Gewissen eingeschlagen und dabei versäumt haben, das Herz zu gewinnen. Ich glaube sagen zu dürfen: Wir haben nicht einmal versucht, das Herz anzurühren! Wir haben das Böse nicht überwunden, weil wir es nicht durch das Gute überwunden haben. Wir waren schnell bereit, den Platz eines Richters einzunehmen und Recht zu sprechen; aber so sind wir weit davon entfernt, das Werk unseres demütigen Meisters zu tun.
Wie wenig verstehen wir es, dass gerechtes Handeln allein - auch wenn es vollkommen gerecht ist - die Seelen nicht wiederherstellt. Wie maßvoll und wahr das gerechte Urteil auch sein mag: Es rührt das Herz nicht an, es macht das Herz nicht weich, und es unterwirft das Herz nicht, damit es Belehrung empfängt. Bedenken wir, dass solch eine Seele nicht mehr an ihrem rechten Platz vor Gott ist.
Das Gewissen macht nicht den ganzen Menschen aus. Wird das Gewissen erreicht, ohne dass auch das Herz angerührt worden ist, so wird das die gleiche Folge haben wie bei dem ersten Sünder unter den Menschen: Eine solche Seele wird sich sozusagen unter den Bäumen im Garten verstecken, um der unerwünschten Stimme zu entfliehen.
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